Es gibt nur wenige fundierte Studien, die sich mit Brustkrebs beim Mann beschäftigen.

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Anders als für Frauen, gibt es für Männer in Österreich keine speziellen Früherkennungsprogramme für Brustkrebs. Kaum ein Mann geht zum Gynäkologen oder kommt auf die Idee, sich während des Duschens eigenständig die Brust abzutasten. Bei vielen Betroffenen wird der Tumor daher erst diagnostiziert, wenn der Brustkrebs bereits weit fortgeschritten ist und die Symptome kaum noch zu übersehen sind – etwa wenn die Brustwarze sich verändert, sich einzieht, blutet oder schuppt.

"Das Problem ist, dass viele Männer gar nicht wissen, dass sie an Brustkrebs erkranken können", erklärt Robert Glattau vom Netzwerk Männer mit Brustkrebs. Die Selbsthilfe-Initiative wurde 2010 in Deutschland gegründet. Glattau, der vor sechs Jahren selbst die Diagnose Mammakarzinom erhielt, ist Ansprechpartner für Österreich. Zusammen mit seinen deutschen Kollegen arbeitet er daran, die Öffentlichkeit – allen voran die betroffenen Männer – für das Thema zu sensibilisieren.

Ganze Brust entfernt

Wie die weibliche Brust, besteht auch die männliche größtenteils aus Brustdrüsengewebe und ist von sogenannten Milchgängen durchzogen. Beim Mann sind diese allerdings nur rudimentär ausgebildet. "Vermutlich ist das auch ein Grund, warum das Mammakarzinom bei Männern so selten auftritt", sagt Glattau. Den zwischen 60 und 80 Männern, die in Österreich jährlich an Brustkrebs erkranken, stehen laut Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen (BmGF) in Wien gut 4600 Frauen gegenüber.

"Auslöser der Erkrankung sind häufig genetische Faktoren", erklärt Hubert Hauser, Leiter des Brustgesundheitszentrums Graz West. Ein erhöhtes Risiko haben vor allem jene, in deren Familie Brustkrebs schon öfter aufgetreten ist. Auch Männer mit dem sogenannten Klinefelter-Syndrom, einer Chromosomenstörung, durch die Betroffene über ein zusätzliches X-Chromosom verfügen, sind gefährdet – die Chromosomenanomalie verringert die Testosteronproduktion und kurbelt das Wachstum des Brustdrüsengewebes an.

"Da bei Männern der Tumor oft sehr später entdeckt wird, lassen sich die meisten Betroffenen gleich die ganze Brustdrüse entfernen", so Hauser – samt Brustwarze. Ansonsten unterscheiden sich die Therapien von Mann und Frau nicht wesentlich voneinander. Das heißt: Operation, Bestrahlung, Chemotherapie – nur der Wiederaufbau fällt bei Männern in der Regel weg.

Behandelt werden die Betroffenen in speziell zertifizierten Brustgesundheitszentren, also Klinikabteilungen, die sich auf die Behandlung und Nachsorge der Krankheit spezialisiert haben. Manche der Fachabteilungen werden chirurgisch, andere gynäkologisch geleitet. "Für Männer sind chirurgische Einrichtungen allerdings angenehmer", berichtet Hauser, "da auf der Station nicht nur Frauen versorgt werden." Auch in der Universitätsklinik für Frauenheilkunde in Wien werden die Betroffen daher meist direkt in die Abteilung der Chirurgie überwiesen.

Studien fehlen

Sich mit Frauen eine Station zu teilen, damit hatte Robert Glattau kein Problem. Was ihn hingegen stört, ist: "Dass die Krankheit bei Männern viel zu wenig erforscht ist." Tatsächlich wird das Mammakarzinom beim Mann nicht grundsätzlich wie bei Frauen therapiert, weil es die bestmögliche Behandlung für ihn ist, sondern weil sie bei Frauen wirkt.

"Leider gibt es nur wenig fundierte Studien, die sich mit Brustkrebs bei Männern beschäftigen", bestätigt Michael Gnant von der Medizinischen Universität Wien und Präsident der Austrian Breast & Colorectal Cancer Study Group (ABCSG), einer der größten Forschungsorganisation im Bereich Brustkrebs in Österreich. "Für belastbare Aussagen, gibt es einfach zu wenig Betroffene", so Gnant.

Da das Wachstum von Tumoren maßgeblich durch Östrogene beeinflusst wird, werden beispielsweise auch viele Männer nach der Therapie mit dem Antihormon Tamoxifen behandelt. Wie sich der Wirkstoff auf den Hormonhaushalt der Betroffenen auswirkt, ist hingegen kaum erforscht. Die aktuell laufende MALE-Studie der German Breast Group (GBG) will dies nun nachholen. Allerdings umfasst die Untersuchung gerade mal 48 Patienten. Repräsentativ ist das nicht.

Facharzt Hauser sieht das weniger kritisch. "Biologisch ist die Krankheit bei Frauen und Männern die gleiche", sagt er. Entscheidend sei es die Männer, aber auch die behandelnden Ärzte für das Thema zu sensibilisieren. Denn je früher der Tumor erkannt wird, desto besser. Auch bei Männern ist Brustkrebs im frühen Stadium zu 80 Prozent heilbar. (Stella Marie Hombach, 27.2.2017)