Das ist eine Würfelnatter oder Natrix tessellata.

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Graz – Die Grazer Grünen wollen gegen die Energie Steiermark eine Strafanzeige wegen angeblich missachteter Umweltauflagen einbringen. Konkret geht es um die "möglichst vollständige" Absammlung der geschützten Würfelnatter. Diese soll nur unzureichend geschehen sein. Die Energie Steiermark widersprach und versicherte, dass sämtliche Auflagen in Zusammenarbeit mit Biologen eingehalten werden.

Nachdem die Grünen Einsicht in die Dokumentation über die Erfüllung der Umwelt-Auflagen hatte, stelle sich nun heraus, "dass nur 84 Exemplare der laut Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU streng geschützten Würfelnatter abgesammelt wurden." Das entspreche nur maximal zehn Prozent des ermittelten Bestandes.

Der WWF sprach von einer "eklatanten Verletzung der UVP-Auflagen". Die Anwältin der Grünen, Susanna Ecker, meinte: "Dass Umweltauflagen nicht beachtet werden, die die Folgen eines ökologisch ohnehin als negativ bewerteten Projektes mildern sollten, ist untragbar. Dagegen gilt es, mit allen rechtlich möglichen Mitteln vorzugehen."

Sofortiger Baustopp beantragt

Mit der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft soll auch ein sofortiger Baustopp beantragt werden. "Die Energie Steiermark hat einige Auflagen wie zum Beispiel die Veröffentlichung der vorgeschriebenen Feinstaubmessung nicht fristgerecht vor Baubeginn erfüllt. Dass sie aber bewusst den Tod Hunderter Würfelnattern in Kauf nimmt und die Umweltbehörde dieses Vorgehen scheinbar noch decken will, wirft kein gutes Bild auf den Projektbetreiber und das Land Steiermark. Wer weiß, welche Auflagen sonst nicht erfüllt wurden", meinte Gemeinderätin Andrea Pavlovec-Meixner. Sie erklärte, dass ihr "am Höhepunkt der Rodungsarbeiten zweimal trotz Parteienstellung die Einsichtnahme in die Dokumentation über die Erfüllung der Umwelt-Auflagen durch die Energie Steiermark verwehrt wurde." Über das Umwelt-Informationsgesetz (UIG) sei sie nun an die Daten gelangt.

Seitens der Energie Steiermark hieß es, dass man sich da "ganz offensichtlich nur unzureichend informiert" habe. "Sämtliche Auflagen aus der Umweltverträglichkeitsprüfung in Bezug auf die Würfelnatter wurden vollinhaltlich erfüllt. Die vorgeschriebene Absammlung und Umsiedelung der Würfelnattern wurde auflagenkonform durchgeführt, ja sogar um fast zwei Monate über den vorgegebenen Zeitraum bis Mitte Oktober verlängert. Es konnten insgesamt 755 Reptilien, die fünf Arten zugeordnet werden können, abgesammelt und umgesiedelt werden. Jeder dieser Schritte wurde in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Behörde und mit renommierten, externen Reptilien-Fachleuten umgesetzt, überwacht und im Detail überprüft. Ein sensibler Umgang mit der Ökologie ist für uns selbstverständlich. Ein Team aus Tierschutz-Experten wacht in Abstimmung mit unseren Biologinnen permanent über die penible Einhaltung sämtlicher Auflagen", erklärte Konzernsprecher Urs Harnik-Lauris von der Energie Steiermark am Donnerstag.

Anleitung zur Blockade

Die Aktivisten gegen das Kraftwerk provozierten indessen am Donnerstag mit einem Video, in dem sie eine Anleitung zum Blockieren der Bauarbeiten geben. Für manche Beobachter könnte das als Aufruf zur strafbaren Handlung gedeutet werden. Der Polizei und der Energie Steiermark ist das Video bekannt.

Erst am Wochenende hatte es Aufregung unter den Grünen gegeben, da Landes-Sprecher Lambert Schönleitner in einem Interview meinte, man solle eine "für beide Seiten akzeptable Lösung" anstreben. Diese könnte aus seiner Sicht ein "Ja" zum Kraftwerk sein, wenn im Gegenzug die restliche Mur wirksam vor weiterer Verbauung geschützt wird. Außerdem müssten Gestaltungsvorschläge für die Kraftwerksumgebung umgesetzt werden.

Appell an Schützenhöfer

Die Haltung der Grazer Grünen dagegen bleibe aufrecht, konterte die künftige Gemeinderätin Tina Wirnsberger: "Sofortiger Baustopp und eine Nachdenkpause, in der sowohl die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Energie Steiermark als auch die unter Verschluss gehaltenen Dokumentationen über die Erfüllung der Umwelt-Auflagen aus dem UVP-Verfahren auf den Tisch gelegt werden." Die Aussagen Schönleitners seien eine "ausdrückliche Einzelmeinung des Klubobmanns" und würden in keiner Weise abbilden, wofür die Grazer Grünen jahrelang in enger Zusammenarbeit mit den aktiven Initiativen als Kraftwerksgegner der ersten Stunde gearbeitet haben und nach wie vor tun.

Auf Landesseite sah sich auch Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) in den vergangenen Wochen schon mit Aufforderungen etwa seitens des WWF konfrontiert: "Wir zählen auf Ihr Gespür in dieser Ausnahmesituation und auf Ihre Bereitschaft, die Ziele der Energiewende mit den Zielen eines gedeihlichen Zusammenlebens in Einklang zu bringen." Sie richteten einen "eindringlichen Appell" an ihn und baten, kalmierend zu wirken.

"Nur ein umfassender Runder Tisch mit allen Beteiligten kann aufklären, wie es mit der Auseinandersetzung um das Murkraftwerk weitergeht. Sie tragen die Verantwortung auch für die tausenden besorgten Grazer Bürger, die sich seit vielen Jahren auf friedliche Art und Weise gegen diesen massiven Eingriff in die Flussnatur und den Verlust ihres Naherholungsgebietes engagieren." Schützenhöfer reagierte darauf mit den Worten: "Es hat eine Umweltverträglichkeitsprüfung gegeben. Diese hat mehrere Jahre gedauert. Darin waren über 80 Experten und Gutachter eingebunden. In diese Prüfung wurden auch die Bedenken des WWF miteinbezogen. Nach positivem Abschluss dieser UVP ist das Murkraftwerk ein rechtsgültig genehmigtes Projekt." (APA, 23.2.2017)