Zürich – Noch nie sind an Schweizer Gerichten Fälle von Wirtschaftskriminalität mit so hohen Schäden behandelt worden wie 2016. Die Zahl der Fälle ist mit 57 zwar geringer als im Vorjahr. Der Gesamtschaden in Höhe von 1,4 Milliarden Franken (1,32 Milliarden Euro) ist aber ein neuer Rekord.

Im Vorjahr hatte die Schadensumme noch bei 280 Millionen Franken gelegen, wie das Beratungsunternehmen KPMG am Mittwoch mitteilte. Grund für das Allzeithoch ist vor allem der Fall Behring, der größte Betrugsfall in der jüngeren Schweizer Geschichte mit einem Schaden von 800 Millionen Franken.

2.000 Personen wurden dabei durch gewerbsmäßigen Anlagebetrug, ein sogenanntes Schneeballsystem, geschädigt. Das Bundesstrafgericht in Bellinzona verurteilte den Angeklagten Dieter Behring im September 2016 nach rund 12 Jahren Prozessvorbereitung zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren.

Außer dem Behring-Prozess gab es drei Fälle mit Schäden von jeweils über 125 Millionen Franken. Die Untersuchung von KPMG beruht auf Wirtschaftskriminalitätsfällen mit einem Schadensbetrag von mindestens 50.000 Franken, die im Berichtsjahr von einem Schweizer Strafgericht verhandelt wurden und über die in den wichtigsten Schweizer Tages- und Wochenzeitungen berichtet wurde. Den Bericht gibt es seit 2009.

Führungskräfte als Gefahr

Führungskräfte stellten aufgrund ihrer internen Stellung und ihres Handlungsspielraums in den Unternehmen bei der Wirtschaftskriminalität die größte Gefahr dar, schreibt KPMG. So sei das Management in 58 Prozent aller Fälle alleine für die Taten verantwortlich und in weiteren 21 Prozent der Fälle zusammen mit Angestellten involviert gewesen.

Die häufigsten Delikte bei den Wirtschaftsverbrechen waren im vergangenen Jahr gewerbsmäßiger oder einfacher Betrug. Die Motivation für die Täter lag oft in der Finanzierung eines aufwendigen Lebensstils (13 Fälle) oder im Abwenden des Konkurses der eigenen Firma (7 Fälle).

Private und institutionelle Anleger waren laut dem Bericht die am stärksten betroffene Gruppe von Geschädigten. Der Gesamtschaden belief sich hier auf rund 1,16 Milliarden Franken und wies mit 165 Millionen Franken zudem den höchsten Durchschnittswert bei der Schadenssumme auf. Oft traten in diesen Fällen unabhängige Vermögensberater und Devisenhändler als Täter auf.

Am zweithöchsten fällt der Gesamtschaden mit rund 159 Millionen Franken bei der öffentlichen Hand aus. Jedoch liegt hier die durchschnittliche Schadenssumme mit 13 Millionen Franken vergleichsweise tief. Im Vorjahr hatten noch Privatpersonen sowie nichtkommerzielle Organisationen am stärksten unter der Wirtschaftskriminalität in der Schweiz gelitten. (APA, 22.2.2017)