Supermarkt und Curryhaus: Betreiberin Simmy Chirayath mit Ehemann Dennis, Tochter Isabelle und Küchenchef Jhabilal Kharel.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Mit einer Thali-Platte bekommt man einen Eindruck der indischen Kochkunst.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die in der Uno-City Beschäftigten haben es nicht weit zum MTC-Markt am Kagraner Platz, der als besonders gut sortierter exotischer Supermarkt gilt. Dennis Chirayath selbst ist bei der Atomenergie-Agentur beschäftigt, seine Frau Simmy betreibt den Markt seit mehr als zehn Jahren.

Ob philippinischer Gin oder karibische Stachelannonen, ob srilankesischer Spinat oder Bonitos im Ganzen (Mittwoch immer frisch!) und etliche tausend Artikel aus allen Winkeln der Welt mehr – in dem Markt, der früher einmal ein Konsum war, gibt es jene Gewürze und Zutaten, die Neo-Wiener aus Kenia und Bangladesch, aus Angola und Nepal, aus der Mongolei, Marokko, Indien und aus zig anderen Herkunftsländern mehr benötigen, um zu kochen. Wen das an den Prosi-Markt am Neubaugürtel erinnert: Die Betreiber sind hier wie dort aus dem südindischen Kerala gebürtig. Sieht fast so aus, als ob es da neben würzintensiver Küche auch eine Tradition weltzugewandten Handels gäbe.

Mehr als anständige Küche

Ähnlich wie das Prosi vergangenes Jahr ein Restaurant eröffnete, hat sich nun auch Simmy Chirayath ein Lokal geleistet. Das Curry Leaves war die vergangenen Jahre ein unscheinbarer Chinese nebenan, jetzt wurde renoviert und zum Markt durchgebrochen. Koch Jhabilal Kharel war zuvor im Restaurant Moti Mahal in Dehli zugange, einer Institution, in der einst das vielgerühmte Murgh Makhani ("Butter Chicken") erfunden wurde. Koch-Schandmaul Gordon Ramsay kürte es in seiner TV-Show zum "besten Curryhaus" des Subkontinents.

Das lässt sich von Kagran aus nur schwer überprüfen, aber auch die Küche im Curry Leaves ist mehr als anständig und, im Vergleich zu oft verwunderlich kalkulierenden anderen Indern in Wien, auch explizit günstig. Vor allem gibt es neben nordindischen Klassikern eine Auswahl südindischer Spezialitäten, die man anderswo in der Stadt kaum finden wird.

Es empfiehlt sich, den Einkauf im MTC mit dem Genuss der Lamb Nawabi & Egg Roll zu verbinden: Klassisches Kerala-Streetfood, für das herrlich würziger, mürber Lammkebab, Zwiebelsauce und frittiertes Ei in ein Poratta-Brot gewickelt werden- allein wegen der fantastisch blättrigen, knusprig butterigen Konsistenz des Fladens eine Offenbarung. Aber auch Khasta katchori, mit würzigem Mungobohnen-Dal gefüllte, knusprig frittierte Teigtaschen, die in einer kühlen Salsa aus Joghurt, verschiedenen Chutneys, gewürfelten Paradeisern, Zwiebeln und Kichererbsen baden, machen Freude: Sieht nicht nur erfrischend farbenfroh aus, bietet auch animierende Vielfalt an Texturen und Geschmacksnuancen am Gaumen.

Butterfruchtig

Aus dem Tandoori kommen gegrillte Spieße, wobei Chicken Tikka wie meist in Richtung Trockenfutter tendiert. Als Butter Chicken hingegen, für das die Teile im Anschluss an den Grill noch in einer komplexen, fruchtigen Sauce nachschmoren, macht es uneingeschränkt Freude.

Beef Coconut Fry gilt in Kerala als Spezialität, zu Recht: Rind wird dafür über Stunden in Kokosnuss und allerhand Gewürzen geschmort, bis alle Sauce wegreduziert ist und ein schillernd würziges – ziemlich scharfes – Kompendium entstanden ist. Erinnert ein wenig an den indonesischen Klassiker Beef Rendang und hat ähnlichen Suchtfaktor.

Dazu gibt es vorzugsweise Brot, das herrlich fette Poratta oder nicht ganz so flaumiges Naan. Reis wird nur auf spezielles Verlangen beigestellt – und im Rahmen der Thali-Platten (siehe Bild), mittels derer man sich einen ebenso farbenfrohen wie vielfältigen Eindruck des Koch-Könnens verschaffen kann. Zu alldem sehr nötig: das kühle Schremser vom Fass. (Severin Corti, RONDO, 24.2.2017)

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