Wien – Die Studienförderungen sollen um 25 Millionen pro Jahr erhöht werden. Das hat Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Montag angekündigt. Derzeit fließen 190 Millionen Euro pro Jahr ins Beihilfensystem, die Förderungen würden sich also um rund 13 Prozent erhöhen. Wenn es nach Mitterlehner geht, sollen von dem zusätzlichen Geld vor allem Studierende profitieren, deren Eltern getrennt leben, und solche, die nach dem 27. Lebensjahr ein Studium im zweiten Bildungsweg beginnen.

Immer weniger Studierende haben Anspruch auf Beihilfen. Waren es laut Studierendensozialerhebung 2009 noch 18 Prozent, haben 2015 nur noch zwölf Prozent Beihilfen bezogen. Die Förderungen verlieren zudem an Wert. Die Höchstbeihilfe wurde zuletzt vor zehn Jahren erhöht, laut dem Institut für Höhere Studien (IHS) liegt der Inflationsverlust bei 18 Prozent. Die Berechnungsgrenzen für den Anspruch auf ein Stipendium wurden 1999 das letzte Mal angepasst. Die Erhöhung von 25 Millionen Euro soll nun zumindest etwas Abhilfe schaffen.

"Wir wollen das Geld nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilen", sagte Mitterlehner bei einer Pressekonferenz. Der Vorschlag muss erst mit dem Koalitionspartner SPÖ sowie mit den Studierendenvertretern der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) verhandelt werden, ein Gesetzestext soll bis Mai fertig werden. Die Universitäten- sowie die Fachhochschulkonferenz haben bereits zugestimmt. Im Regierungsabkommen für die Jahre 2017 und 2018 ist eine Erhöhung der Stipendien jedenfalls vorgesehen. Zugestimmt hat diesmal also auch das Finanzministerium, das sich bisher gegen die Erhöhung gesträubt hatte.

Mehr soziale Durchmischung

Mit dem Ausbau der Stipendien will Mitterlehner seine Argumente für flächendeckende Zugangsbeschränkungen verbessern. Ab 2019 solle eine Studienplatzfinanzierung an den Universitäten eingeführt werden. Das würde Aufnahmeprüfungen in allen Studien nach sich ziehen. "Da ist die Befürchtung, dass dann die soziale Durchmischung gefährdet wird", sagte Mitterlehner. "Dem wollen wir entgegentreten."

Martin Unger, Soziologe am IHS und Autor der Studierendensozialerhebung, bewertet die Vorschläge durchwegs positiv. "Es werden immer wieder kleine Punkte umgesetzt, je nachdem, wie viel Geld da ist", sagt er zum STANDARD. "Schade ist natürlich, dass so wenig Geld da ist." Längst überfällig sei es, dass eine Lösung für Studierende mit getrennten Eltern gefunden werde. Derzeit müssen etwa Studierende, deren Vater untertaucht, gegen ihn vor Gericht ziehen, um ein Stipendium zu erhalten. Diese Maßnahmen werden auch nicht allzu viel der 25 Millionen Euro verschlingen, meint Unger. Laut Ministerium sind 18.000 Studierende betroffen. Auch dass ältere Studierende profitieren sollen, ist laut Unger sinnvoll. "Man hat mit zwanzig einfach andere Lebenserhaltungskosten als mit 27."

Deshalb wurde zusammen mit den Hochschulen, Experten und Studierenden eine "Nationale Strategie zur Dimension in der Hochschulbildung" erarbeitet. Ein Teil davon ist die schon lange geforderte Erhöhung der Studienförderungen. Die letzte Erhöhung der Studienhöchstbeihilfe von 606 Euro im Monat auf 679 Euro liegt zehn Jahre zurück. Die Inflation seit damals liegt laut Berechnungen des Instituts für Höhere Studien (IHS) bei 18 Prozent. Die Berechnungsgrenzen für den Anspruch auf ein Stipendium wurden 1999 das letzte Mal angepasst.

SPÖ: Zu wenig

SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl verwies am Montag in einer Presseaussendung deshalb darauf, dass die versprochene Erhöhung nicht ausreichen würden. "Die Erhöhung der Studienförderung um 25 Millionen Euro ist ein guter Schritt, aber weitere sind notwendig", sagt sie.

Kuntzl fordert zudem eine Anpassung der Erhöhung der Einkommensgrenze bei den Elterneinkommen. Dies sieht auch Wissenschaftsminister Mitterlehner vor. Er verwies bei der Pressekonferenz am Montag darauf, dass kein anderes Ressort eine solche Budgeterhöhung bekomme wie das seine. "Das ist schon sehr hilfreich", verteidigte er die Summe.

Lediglich einen "Tropfen auf den heißen Stein", sieht die ÖH in einer Aussendung. "Dadurch wird es nicht viel mehr Absolventen aus bildungsfernen Schichten geben können", sagt Generalsekretärin Magdalena Goldinger. Die Hochschulkonferenz habe im Jahr 2013 berechnet, dass zumindest 50 Millionen Euro erforderlich wären, um die Studienbeihilfe der Inflation anzupassen.

Neben der Erhöhung der Beihilfen nimmt sich das Wissenschaftsministerium einige ehrgeizige Ziele vor. Die Zahl der Studienanfänger aus "bildungsfernen" Elternhäusern soll bis 2015 von 18.000 auf 20.000 steigen. Auch die Zahl sogenannter Quereinsteiger, also von Personen ohne klassische Matura, soll von 4.000 auf 5.300 steigen. Die Zahl der Studierenden mit Migrationshintergrund soll um ein Drittel steigen, und der Frauenanteil in technischen Studien soll 30 Prozent ausmachen. Derzeit liegt der Frauenanteil bei Mechantronik und Elektronik bei nur acht Prozent.

Mehr Mentoringprogramme

Wie diese Ziele genau erreicht werden sollen, ist derzeit noch unklar. Die Hochschulen sollen jedenfalls ihre Informationsangebote ausbauen, speziell etwa für älteren Studierende und solche mit Migrationshintergrund. Studienabbrüche sollen durch mehr Mentoringprogramme verbessert werde. Zudem versprechen Ministerium und Hochschulen, die Aufnahmeverfahren auf ihre soziale Durchlässigkeit hin zu prüfen.

Bereits am Montag ist die Webseite "studiversum.at" gestartet, die alle bisherigen Webseiten zur Studierendeninformation bündelt. Das Ministerium verspricht sich davon einen erleichterten Zugang zu finanzieller Unterstützung, Studien- und Promotionsmöglichkeiten und Zulassungsfristen. (Lisa Kogelnik, 20.2.2017)