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Jennifer Doudna ist die Verliererin in der ersten Runde des Patentstreits: Die US-Biochemikerin gilt als die Miterfinderin der Genschere Crispr/Cas-9. Doch die Patente des Broad Institute, die für eine Weiterentwicklung der Methode beim Menschen eingebracht wurden, wurden vor dem US-Patentgericht bestätigt.

AP

Boston/Wien – In diesem Patentstreit stand sehr viel auf dem Spiel. Es geht nicht nur um hunderte Millionen Euro, sondern auch um viel wissenschaftlichen Ruhm: Welches Team erhält Patentrechte rund um die revolutionäre Geneditierungsmethode Crispr/Cas-9 zugesprochen?

Vor dem US-Patentgericht standen einander in den vergangenen Wochen zwei Parteien einigermaßen unversöhnlich gegenüber: auf der einen Seite die University of California (UC) und mit ihr die Uni Wien, auf der anderen Seite das Broad Institute, das zur Harvard-Uni und dem MIT gehört.

Grund für die Auseinandersetzung war, dass dem Broad Institute und seinem Mitarbeiter Feng Zhang 2014 in einem Schnellverfahren Patente zugesprochen worden waren, obwohl Jennifer Doudna (UC Berkeley) und Emmanuelle Charpentier (bei der Entdeckung Max-Perutz-Labs in Wien) als die Entdeckerinnen der Genschere gelten, die eine Vielzahl von Anwendungen von der Pflanzenzüchtung bis zur Krebstherapie verspricht.

Eigenständige Entdeckung

Die UC hatte das Verfahren angestrengt, bei dem zu klären war, ob die Weiterentwicklung der Genschere durch Zhang insbesondere für Anwendungen beim Menschen als eigenständige Entdeckung zu bewerten ist oder nicht. Das US-Patentamt hat sich am Mittwoch den Argumenten des Broad Institute angeschlossen und die bewilligten Patente bestätigt.

Das hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Kursentwicklung jener Biotech-Firmen, die mit Zhang bzw. Doudna und Charpentier in Verbindung stehen: Der Kurs von Editas Medicine, das Lizenzen des Broad Institute hat, schoss um 30 Prozent nach oben, Crisp Therapeutics und Intellia Therapeutics, die Lizenzen von der Gegenseite haben, verloren um rund zehn Prozent.

Alle Firmen profitieren freilich davon, dass sich praktisch gleichzeitig die US-Akademie der Wissenschaften in einem umfangreichen Bericht erstmals dafür aussprach, gezielte genetische Eingriffe in Embryonen unter strengen Auflagen zuzulassen.

Doppelte Lizensierungen?

Das Urteil könnte aber noch lange nicht das Ende der Streitigkeiten sein, auch wenn viele Experten das Broad Institute als eindeutigen Sieger sehen. Die sehr viel weiter gefasste Patentansprüche von Doudna und Charpentier warten weiterhin auf Bewilligung, was Doudna nach dem Urteil zu folgendem Vergleich veranlasste: "Broad hat nun das Patent auf grüne Tennisbälle", sagt Doudna. "Wir aber werden ein Patent auf alle Tennisbälle bekommen. Ich finde nicht, dass das irgendeinen Sinn macht."

Sind Doudna und Charpentier mit ihren eigenen Patentwünschen erfolgreich, könnten Firmen in Zukunft zwei Lizenzen brauchen. Womöglich schließen aber die beiden Streitparteien doch noch einen Vergleich. Die Auseinandersetzungen um die revolutionäre Genschere gehen jedenfalls weiter. Und demnächst wird sich wohl auch das Nobel-Komitee in Stockholm mit der Frage zu befassen haben, wem neben den Patenten auch die Ehre für die Entdeckung gebührt. (tasch, 17.2.2017)