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EU-Währungskommissar Pierre Moscovici war diese Woche in Athen. Austeritätsgegner riefen zu Protesten auf, Moscovici zeigte sich optimistisch über eine Einigung im Streit mit den Geldgebern.

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Das ist nicht der Tag für Gesundheitsbewusste, und für Veganer gleich gar nicht. Ganz Griechenland grillt am Tsiknopempti, am "rauchigen Donnerstag", mitten im Karneval und exakt elf Tage vor dem Beginn der großen Fastenzeit. Souvlakispieße und Würste gehen kiloweise über die Tresen der Fleischereien, als gäbe es keine Krise. Doch der Anschein trügt natürlich. Selbst am Tsiknopempti wollen die Proteste nicht pausieren. Irgendwer demonstriert immer gegen Pensionskürzungen oder Steuererhöhungen.

Am "rauchigen Donnerstag" sind es ironischerweise die Feuerwehrleute, die wegen eines neuen Gesetzes vor das Parlament in Athen ziehen. Aber auch wieder die Bauern, die mit ihren Traktoren die Straßen im Land lahmlegen.

Finanzministertreff am Montag

Wenn sich die Finanzminister der Eurozone am kommenden Montag treffen, dann soll der Sack endlich zugemacht, die Überprüfung der griechischen Haushaltsplanung durch die Geldgeber abgeschlossen werden. Erst dann wird die nächste Kreditrate freigegeben. Es ist das alte Spiel. Man streitet über die Berechnungen des anderen, über angebliche Lücken im Haushalt, über die Zukunft und deren Erträge. Athen bockt. Die Kreditgeber satteln noch drauf. 3,6 Milliarden Euro wollen sie jetzt noch einmal aus dem Land herausquetschen, so klagt die Regierung. Die Hälfte vor 2018, die Hälfte nach dem Auslaufen des Kreditprogramms im August jenes Jahres. Denn Athen soll auf Sparkurs bleiben.

Ein Kompromissangebot

Tsipras und sein Finanzminister versuchen, die Geldgeber für einen Kompromiss zu gewinnen: einen Punkt weniger bei der reduzierten Mehrwertsteuer auf Lebensmittel gegen die Verpflichtung zum Weitersparen.

Für griechische Unternehmer sind die jüngsten Steuer- und Sozialversicherungsreformen jetzt schon ein Albtraum. "Wir arbeiten nur für sie", sagt Christiana Valaka über die Regierung Tsipras. Die 31-jährige Griechin betreibt zusammen mit ihrem Bruder ein Schwimmbecken für Kleinkinder im Athener Norden. 29 Prozent Einkommensteuer zahlen die Geschwister monatlich im Voraus für ihren Minibetrieb, und seit Neuestem 28 Prozent oder – in ihrem Fall – rund 1500 Euro für Renten- und Krankenversicherung. Dazu kommen noch fünf Prozent Solidaritätsabgabe sowie eine Sondersteuer für selbstständig Arbeitende. Alles in allem etwa 65 Prozent des Einkommens für die Staatskasse und die Gläubiger.

Die Kundschaft sei nicht das Problem, sagt die Schwimmlehrerin Valaka. Im Athener Norden lebt ein immer noch wohlhabendes Bürgertum. Aber das Geschäft mit dem Schwimmbecken rechnet sich nur noch gerade so, sagt Christiana Valaka. "Ich habe keine Ahnung, was werden wird."

"Viele hungrige Hunde"

Für Agiris Konstantinopoulos rechnet es sich nicht mehr. Der Bauunternehmer in zweiter Generation kehrt seinem Land den Rücken. "Sich diesem Markt auszusetzen ist schädlich geworden", erklärt der 40-Jährige kühl. Die öffentliche Hand hat kaum Aufträge zu vergeben, die Privatkunden verkaufen viel eher ihre Häuser, als dass sie einmal ein neues bauen lassen. "Das sind viele hungrige Hunde für einen Knochen", sagt Konstantinopoulos über seine Branche.

Bis zu 65 Prozent Nachlass bieten die Bauunternehmer mittlerweile. Es ist ein Rezept für Verlustschreiber. "Selbstmörderisch", nennt das der Bauingenieur. Im Herbst will er mit seiner Familie nach Großbritannien umziehen und dort sein Glück versuchen. In Rumänien hat er bereits ein Unternehmen gegründet. Das läuft. (Markus Bernath aus Athen, 18.2.2017)