Derzeit wird heftig um die Neugestaltung des Heumarkt-Areals beim Wiener Konzerthaus gerungen. Der Stadterweiterungsfonds verkaufte die Immobilie im Juni 2008 unter fragwürdigen Umständen.

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Wien – Die Justiz beschäftigt sich derzeit intensiv mit Immobilienverkäufen von Fonds, die zur Republik Österreich ressortieren, konkret zum Innenministerium. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) führt zum einen Ermittlungen wegen Untreueverdachts gegen den Exchef des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) und zwölf weitere Beschuldigte, vor Weihnachten kam es, wie berichtet, zu 16 Hausdurchsuchungen. Der ÖIF, der sich zum laufenden Verfahren nicht äußert, habe 270 Wohnungen an Nahestehende zu billig verkauft, Schaden: sechs Millionen Euro.

Beim Verfahren rund um den Wiener Stadterweiterungsfonds ist die WKStA schon weiter. Er hat seine letzten drei Liegenschaften von 2005 bis 2008 versilbert, die Immobilien seien um vier Millionen Euro zu billig verkauft worden. Einer der vier Beschuldigten ist der Exchef des Stadterweiterungsfonds – der zur selben Zeit auch Chef des ÖIF war und zuvor jahrelang für die ÖVP gearbeitet hatte. Zudem besteht der Verdacht, der Verkaufserlös sei teils satzungswidrig gespendet worden – für karitative, wissenschaftliche und religiöse Zwecke, wie der Rechnungshof (RH) 2013 schrieb. Fast eine Million Euro landete beim: Integrationsfonds. Zum Stadterweiterungsfonds brachte die WKStA Mitte 2016 einen Vorhabensbericht ein; er liegt beim Weisungsrat. Aus der Justiz ist zu hören, dass eine Anklage unwahrscheinlich ist; fix ist es aber nicht. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Wohlfeile 4,2 Millionen

Konkret geht es um den wohlfeilen Verkauf der Immobilien Am Heumarkt (bekannt vom Wiener Eislaufverein, der bis 2058 Pächter ist), einer Wohnung in der Postgasse in der Wiener City und der Liegenschaft Mölker Bastei.

Der Heumarkt (knapp 10.000 Quadratmeter) wurde um 4,2 Millionen Euro versilbert, obwohl laut RH zwischenzeitlich Anbote bis zu neun Mio. Euro vorgelegen waren, das Erlöspotenzial wurde laut RH "nicht ausgeschöpft". Der Erwerber war eine Tochter der Buntes Wohnen – Gemeinnützige WohnbaugmbH. Inzwischen gehört selbige beziehungsweise das Heumarkt-Areal dem Unternehmer Michael Tojner.

Die 82,6 Quadratmeter große Postgassen-Wohnung ging 2005 um 225.000 Euro an einen Wohnungseigner im selben Haus. Was kein Wunder war, weil die Interessentensuche laut Stadterweiterungsfonds nur per Aushang im Haus und per "Direktansprache von Nachbarn und Anrainern" erfolgte. Bewertungsgutachten gab es gemäß RH nicht, die gesetzlich vorgeschriebene Genehmigung der Fondsbehörde sei nicht dokumentiert worden.

Noch billiger gingen die zwei Liegenschaften auf der Mölker Bastei 2008 weg: um 15.000 Euro. 2005 war ein vom Stadterweiterungsfonds beauftragtes Gutachten noch von einem Verkehrswert von 670.000 Euro ausgegangen. 2006 sprach der Fonds Anrainer an, offerierte das als Grünland/Parkschutzgebiet beziehungsweise Verkehrsfläche ausgewiesene Areal (in dem Teile der alten Stadtmauer enthalten sind) in der "Herald Tribune" um eine Million Euro. Im Juli 2008 schlug der Sohn der damaligen ÖVP-Nationalratsabgeordneten Edeltraud Lentsch zu – aber nur als Treuhänder, wie er später im "Profil" erklärte. Er halte "die Anteile an der Käuferin MB Liegenschaftsverwaltungs GmbH für Herrn Bernhard Chwatal treuhändisch". (Selbiger stand auch dem Integrationsfonds nahe.) Interessant das Beraterhonorar, das für den Mölker-Bastei-Deal floss: 41.000 Euro, also das 2,7-Fache des Verkaufserlöses.

Mensdorff-Pouilly-Connection

Interessante Berater bezahlte auch der Integrationsfonds. Für die Vermarktung von 33 Wohnungen beschäftigte der ÖIF von Mai bis November 2006 eine Angestellte des Militärkommandos Burgenland und bezahlte sie mit 64.500 Euro. Laut WKStA-Dokumenten ist ihre Qualifikation "nicht nachvollziehbar", zudem liegen "keine Unterlagen über eine Leistungserbringung vor". Was die WKStA auch erwähnt: Die Frau war bis 2. Oktober bei dem Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly gemeldet (Nebenwohnsitz). Apropos: Dass der Käufer eines ÖIF-Immobilienpakets gern mit selbigem jagen war, hatte "nichts mit Freunderlwirtschaft" zu tun. Der Mann 2013 im STANDARD: "Ich gehe auch mit SPÖlern jagen." (Renate Graber, 16.2.2017)