Die österreichischen Bausparkassen haben im Vorjahr ihre Finanzierungsleistung gesteigert und mehr Geld ausgezahlt.

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Wien – Das anhaltende Rekordtief bei den Zinsen hat Österreichs Bausparkassen im Vorjahr einen weiteren spürbaren Dämpfer im Neugeschäft versetzt. Das zeigen die Zahlen vom Arbeitsforum Österreichischer Bausparkassen (AÖB) für das Jahr 2016.

Rund 773.600 Bausparverträge wurden 2016 bei der Raiffeisen-Bausparkasse, der S-Bausparkasse, der Start-Bausparkasse und Wüstenrot insgesamt neu abgeschlossen. Das sind rund 58.200 weniger als im Jahr 2015. Damit mussten die Bausparkassen ein Minus von sieben Prozent bei den Neuabschlüssen einstecken.

Niedrige Zinsen, niedrige Sparquote

Der Grund für den Einbruch liege vor allem in der nach wie vor geringen Sparquote in Österreich und dem sehr niedrigen Zinsniveau, sagt Susanne Riess, Generaldirektorin der Bausparkasse Wüstenrot und AÖB-Vorsitzende. "Sparen im Niedrigzinsumfeld ist generell ein schwieriges Thema. Aber es ist ein Thema des Herrn Draghi und der Europäischen Zentralbank, nicht der Bausparkassen", sagt Riess. Solange die EZB ihre Niedrigzinspolitik betreibe, werde sich an der aktuellen Situation nichts ändern.

Die Bausparkassen waren zuletzt in die Kritik von Konsumentenschützern geraten. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte festgestellt, dass die aktuellen Bausparzinsen samt der staatlichen Prämie von der Inflation aufgefressen würden.

Verwunderung über Kritik

"Ich bin verwundert, dass der VKI ausgerechnet die Bausparverträge kritisiert und sich damit auf den sichersten und bewährtesten Sektor in der Finanzwirtschaft konzentriert. Die Kunden geben aber ihre eigene Antwort. Sie sehen den Bausparvertrag als zweitbeliebteste Anlageform nach dem Eigenheim", sagt Riess unter Verweis auf eine aktuelle Umfrage des Marktforschers Gfk. Jährlich befragt das Unternehmen 18.000 Österreicher über ihr Interesse an Spar- und Anlageformen. Welche Angebote sie tatsächlich nutzen, wird allerdings nicht erhoben.

Ein Blick auf die Zahlen zeigt, dass die Bausparkassen seit mehreren Jahren mit Rückgängen bei den Neuverträgen kämpfen. "Über Jahre hinweg waren Bausparvertrag und Sparbuch die interessantesten Sparformen für die Österreicher, wobei das Interesse in den letzten Jahren deutlich zurückging", heißt es auch bei Gfk. "Anfang 2016 befanden sich Bausparvertrag und Sparbuch auf einem historischen Tief, wenn man Österreicher fragte, welche Spar- und Anlageform sie interessant finden."

Interesse wieder gestiegen

Die Situation am Markt habe sich seither zwar kaum verändert, das Medieninteresse sei aber etwas abgeflaut; der Fokus der Menschen habe sich wieder anderen Themen zugewandt, und das Interesse am Bausparvertrag komme jetzt zurück, sagt Sebastian Huchler von Gfk.

Zuversichtlich zeigt sich auch Wüstenrot-Chefin Riess – trotz des Rückgangs bei den Neukunden. "2016 war ein gutes Jahr für die österreichischen Bausparkassen. Natürlich ist das Niedrigzinsumfeld ein Thema. Aber wir konnten zum vierten Mal in Folge ein Wachstum bei der Bausparfinanzierung verbuchen." Und die sei schließlich das Kerngeschäft der Bausparkassen.

Die Finanzierungen, also die Auszahlungen, stiegen im Vorjahr auf 2,88 Milliarden Euro, 2015 waren es 2,68 Milliarden. Und obwohl weniger Kunden einen neuen Vertrag abgeschlossen hatten, konnte man die Bauspareinlagen mit 20,42 Milliarden Euro fast auf dem Niveau von 2015 halten.

Für heuer rechnet Riess mit Aufwind. Schon in den ersten Wochen 2017 habe sich gezeigt, dass die Nachfrage nach Finanzierungen weiter steige. Auch bei den Einlagen gebe es ein deutliches Wachstum. (Philipp Bauer, 15.2.2017)