Touristen genießen die Sonne in Funchal, der Hauptstadt der autonomen Region Madeira.

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Brüssel/Funchal/Straßburg – Europaparlamentarier fordern von der EU-Kommission Aufklärung über den möglichen Missbrauch von Niedrigsteuersätzen auf der portugiesischen Insel Madeira. Die EU-Kommission erlaubt Portugal seit Jahren, der entlegenen und strukturschwachen Insel mit sehr niedrigen Steuersätzen unter die Arme zu greifen, um die dortige Wirtschaft anzukurbeln. Der Bayerische Rundfunk (BR) berichtete am Dienstag über Missstände in der Sonderfreihandelszone.

Besondere Regeln

Für Madeira gelten seit 1987 besondere Regeln. Mit stark reduzierten Steuersätzen sollten Investitionen und Beschäftigung auf der Insel gestärkt werden. Nach geltendem EU-Recht ist es den Mitgliedsstaaten erlaubt, wirtschaftsschwache entlegene Regionen besonders zu fördern, ohne sich wegen unerlaubter Staatsbeihilfen verantworten zu müssen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Hilfe unmittelbar der Wirtschaft vor Ort zugutekommt. Unternehmen zahlen auf Madeira eine Körperschaftssteuer von fünf Prozent, auf dem portugiesischen Festland sind 21 Prozent fällig.

Dem Bericht zufolge profitieren von Madeiras Steuerregeln jedoch weniger die regionale Wirtschaft als vielmehr internationale Konzerne, die über Tochterfirmen auf der Insel Milliardenumsätze verbuchen. Madeira sei vor allem zur Steuervermeidung genutzt worden.

EU: Steuervermeidung Sache nationaler Behörden

Die EU-Kommission hielt sich zunächst bedeckt. "Die Regelung ist dazu da, das Wirtschaftswachstum auf Madeira – einer der entlegensten Regionen der EU – zu stärken", sagte ein Kommissionssprecher. Die Mitgliedsstaaten müssten selbst dafür sorgen, dass Unternehmen, die von den Vorteilen profitierten, die Voraussetzungen dafür erfüllen. Die Kommission sei wegen der Umsetzung der Steuervergünstigungen mit Portugal in Kontakt, möglichen Steuervermeidungen nachzugehen sei jedoch Sache der nationalen Behörden.

"Die Panama-Papers, Luxleaks und das aktuelle Beispiel Madeira haben gezeigt, dass es immer noch zu einfach ist, Geld in Steuerparadiese zu verschieben und Unternehmensgewinne in Niedrigsteuerländer zu verlagern", kritisierte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. Ähnlich äußerte sich der deutsche Grünen-Abgeordnete Sven Giegold. "Ich fordere EU-Wettbewerbskommissarin Vestager auf, alle Sonderwirtschaftszonen einem Steuercheck zu unterziehen. Steuerliche Sonderregeln dürfen nur für reale Investitionen und Wertschöpfung in benachteiligten Regionen gelten." (APA, 14.2.2017)