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Österreichs Schuhhandelsmarkt stagniert seit Jahren. Große Ausreißer gibt es weder nach oben noch nach unten. Umso mehr steigen sich große internationale Anbieter gegenseitig auf die Zehen. Dazwischen bleibt nur wenig Platz für Kleine.

Foto: Reuters/JOSHUA LOTT

Wien – Franz Holzer glaubt an die Kraft der Einzelkämpfer. Gut drei Jahrzehnte lang arbeitete er für die Leder & Schuh AG, 25 Jahre davon im Einkauf. Seit Sommer 2016 ist er auf sich alleine gestellt: Holzer erwarb aus dem Reich der Grazer Schuhgruppe, die eine harte Restrukturierung durchlief, die Traditionsmarke Dominici. Nun will er ihr neuen Glanz verleihen und über kurz oder lang den Schritt auf internationales Parkett wagen.

In der Leder & Schuh war Dominici eine Vertriebslinie unter vielen. Nach überzogener Expansion und strategischen Fehltritten wie dem Kauf des Erzrivalen Stiefelkönig, konzentriert sich der von Sanierern gelenkte Familienkonzern nun auf Humanic. Für Dominici konnte sich keiner so recht erwärmen, erzählt Holzer. Dass er diese Marke besitzen wollte, sei ihm bereits lange klar gewesen. "Ich habe die Gelegenheit daher am Schopf gepackt und war zur richtigen Zeit am richtigen Ort."

Leistbarer Luxus

Nun also besitzt der frühere Damenschuheinkäufer zwei Wiener Filialen. Mit leistbarem Luxus will er mit ihnen gegen die Macht der Ketten antreten. Kaum eine Branche in Österreich ist stärker in der Hand weniger großer Anbieter als der Schuhhandel, kaum ein Markt gilt als dermaßen übersättigt.

Dominici habe stets Gewinne erzielt, sagt Holzer, den ein dritter Wiener Standort reizt. Auch München lockt ihn. Für die Marke und ihre eigenständige Kollektion sieht er Potenzial in Japan und den USA. Er profitiere von seinem großen Netzwerk in der Schuhindustrie. "Für einen Quereinsteiger wäre es jedoch sicherlich schwierig."

Neben Dominici liegt ihm eine weitere Marke am Herzen: Stiefelkönig. Acht Filialen gibt es noch, bis Herbst sind sie voraussichtlich Geschichte. Holzer ist überzeugt, Stiefelkönig eine neue Chance geben zu können. "Es ist aber natürlich eine Frage des Geldes, ohne Partner wird es nicht gehen."

"Kraft der Innenstadt"

Begäbe er sich damit nicht in direkte Konkurrenz zum bisherigen Eigentümer Leder & Schuh? Holzer sieht dort noch Platz, wo Humanic aufhört und Prada beginnt. "Und ich glaube auch an die Kraft der Wiener Innenstadt."

Viele sind es nicht mehr, die Österreichs Schuhhandel mit eigenwilligen kleinen Farbtupfern bereichern und auf eigene Faust direkt einkaufen. In Sollenau tun dies Andrea und Franz Wunderl. Die Gemeinde zieht Schuhfreaks aus aller Welt an. Franz Wunderls Vater studierte einst nach seiner Karriere im Fußball-Nationalteam Welthandel. Sein Faible für Mode und Existenzialismus ließ ihn ein Avantgardegeschäft in Niederösterreich eröffnen – das sein Sohn seit 1991 fortführt. "Ich bin inmitten von Schuhen aufgewachsen", erinnert sich dieser. Er ist zumeist an Ort und Stelle unter 20 Mitarbeitern anzutreffen.

Das Wort Luxus hasst er, wie er betont. Zu viele elitäre Marken ließen mittlerweile billig mit Qualitätsabstrichen fertigen und schufen Luxus nur über Preise, die einen als Händler ob ihrer Höhe erröten ließen. "Die Leute haben keine Lust mehr darauf, tausend Euro für ein Paar Stiefel auszugeben."

Revival kompetenter Fachhändler

Wunderl gibt kleinen, hochwertigen Schuhproduzenten im mittleren Preissegment die größten Erfolgschancen. Und er erwartet auf längere Sicht ein Revival kompetenter Fachhändler, zumal Schuheinkauf allen Onlinegeschäften zum Trotz ein Erlebnis sein könne. "Es gibt im Übrigen auch genug Männer, die angesichts schön gemachter Lederschuhe ausflippen."

Raus aus der Provinz nach Wien ging Wunderl nur für wenige Jahre. Jüngst startete er einige Tage lang einen Pop-up-Store auf dem Karmelitermarkt. Dem ersten Bezirk gewinnt er dabei nur wenig ab: Es fehle dort an der richtigen Klientel. Man erlebe ja, was in so manchem Luxuseinkaufsquartier abgehe, nämlich gar nichts. "Es ist ein Friedhof der Luxustiere." Von leistbarer Miete abgesehen, sei ihm neugierige Laufkundschaft lieber, die sich für Schuhe und nicht nur Marken interessiere.

Gegen den Strom großer Ketten arbeiten auch Händler wie Denkstein und Laner. Letzterer hält in Tirol mit mehr als einem Dutzend Standorten die Stellung. Im Herzen Wiens ist d'Ambrosio fünfmal vertreten, wobei sich die Eigentümerfamilie auch in der Gastronomie als Pizzabäcker engagiert. Platzhirsch in Linz mit sechs Filialen ist das Schuhhaus Maria Eiler. 1937 gegründet, blieb es seither in Frauenhand, nunmehr in zweiter und dritter Generation.

"Weiterkämpfen"

Irmgard Bangelmeier ist seit fast 50 Jahren im Geschäft. So hart wie derzeit sei der Markt jedoch noch nie gewesen, bedauert sie. Echten Bedarf an neuen Schuhen gebe es schon seit langem nicht mehr. "Es ist ein reiner Verdrängungswettbewerb. Die Strukturbereinigung wird sich wohl fortsetzen."

Eiler vertraue auf Stammkunden, auf 80 gut geschulte Mitarbeiter, viel Service und Schuhe, die sich nicht einfach übers Internet bestellen lassen. Das Motto des kleinen Betriebs: "Weiterkämpfen, auch in schwierigen Zeiten." (Verena Kainrath, 15.2.2017)