Wien/Budapest – Die ungarische Philosophin Agnes Heller erhält den erstmals von der Wiener Ärztekammer vergebenen Paul-Watzlawick-Preis für ihr Lebenswerk. Insbesondere werde sie "für ihren Einsatz für Freiheit und Selbstbestimmtheit des Lebens" geehrt, teilte die Ärztekammer am Dienstag mit. Heller wird den Preis am 19. Februar in Wien entgegennehmen.

Agnes Heller, am 12. Mai 1929 in Budapest geboren, sei eine der bedeutendsten zeitgenössischen Philosophinnen, die sich in ihrem Werk immer wieder mit den Begriffen Leben und Freiheit als selbstbestimmende Werte auseinandergesetzt hat, heißt es in der Aussendung. Nach ihrer Emigration aus Ungarn in den 1970er Jahren lebe sie heute wieder in ihrem Heimatland "als unermüdliche Kämpferin für Freiheit und explizite Gegnerin des Orban'schen Systems". "(Der ungarische Premier Viktor) Orban ist ein Diktator, aber Ungarn ist keine Diktatur", wird sie in der Aussendung zitiert.

Alltag im Zentrum

Im Mittelpunkt von Hellers Studien steht der Alltag. 1970 erschien ihr Werk "Alltag und Geschichte – Zur sozialistischen Gesellschaftslehre", 1978 "Das Alltagsleben. Versuch einer Erklärung der individuellen Reproduktion" und 1980 "Theorie der Gefühle".

Aufgrund anhaltender Repressionen gegen sie und ihre wissenschaftliche Arbeit emigrierte sie 1977 und übernahm eine Professur an der La Trobe University in Melbourne/Australien. 1986 ging sie als Nachfolgerin von Hannah Arendt als Ordinaria für Philosophie an die New School for Social Research in New York. Seit damals pendelt sie regelmäßig zwischen Budapest und New York und hält Gastvorlesungen.

Ein Preis für das Lebenswerk

Heller erhielt zahlreiche Auszeichnungen wie den Hannah-Arendt-Preis, den dänischen Sonning-Preis, die Goethe-Medaille sowie den Carl-von-Ossietzky-Preis in Oldenburg. Außerdem wurde sie zur Ehrenbürgerin von Budapest ernannt. Den Watzlawick-Preis wird sie am 19. Februar im Anschluss an eine Burgtheater-Matinee des Instituts für die Wissenschaften vom Menschen (IWM) zum Thema "Leben wir in revolutionären Zeiten?" entgegennehmen.

Der Paul-Watzlawick-Preis wird für das Lebenswerk von Persönlichkeiten vergeben, die sich mit dem Freiheitsbegriff und der freien Begabung des Individuums beschäftigen. Es handle sich um eine zusätzliche Auszeichnung unabhängig von dem seit zehn Jahren von der Ärztekammer vergebenen Paul-Watzlawick-Ehrenring, hieß es auf Anfrage in der Kammer. In welchen Abständen er vergeben wird, sei noch offen. Für beide Ehrungen ist eine externe Jury unter Vorsitz von Ex-Vizekanzler Erhard Busek zuständig. (APA, 14.2.2017)