Madrid – Am Samstag und Sonntag veranstaltet Spaniens noch junge Protestpartei "Podemos" (Wir können) in der ehemaligen Madrider Stierkampfarena Vistalegre ihren zweiten Parteikongress. Eigentlich könnte die Linksformation, die erst vor drei Jahren aus der "Empörten"-Bewegung hervorging, den Kongress nutzen, um sich ordentlich zu feiern.

Bei den Parlamentswahlen im Dezember 2015 und den Neuwahlen im Juli 2016 wurde man gleich auf Anhieb drittstärkste Parlamentsfraktion – nur knapp hinter den Sozialisten (PSOE). Podemos-Chef Pablo Iglesias kündigte sogar an, nun die Opposition anzuführen. Da die Sozialisten durch ihre parteiinterne Krise so geschwächt waren, dass sie durch ihre Enthaltung eine konservative Minderheitsregierung zuließen, hätten sie nicht mehr die "moralische Legitimität". Podemos sei nun die einzige wahre Oppositionspartei zum konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy (PP) und seiner unsozialen Reform- und Sparpolitik, erklärte Iglesias noch im Dezember.

Doch nur wenige Wochen später steht seine Partei nun eher vor der Spaltung und tiefen Krise als vor der Übernahme der Oppositionsführung. Der Grund: "Innerhalb der Partei ist ein Machtkampf und politischer Richtungsstreit zwischen zwei Fraktionen entbrannt, der die Partei deutlich schwächen oder sogar spalten könnte", erklärt der spanische Politologe Antonio Elorza im APA-Gespräch.

Es ist ein Machtkampf zwischen Pablo Iglesias und der Nummer 2, Podemos-Fraktionssprecher Inigo Errejon, der nun am Wochenende auf dem Parteikongress ausgefochten wird. Auf der sogenannten "Nationalen Bürgerversammlung" soll entschieden werden, wer demnächst den politischen Kurs vorgibt. Schon seit Anfang Februar können die knapp 450.000 Online-Mitglieder der linksalternativen Partei auf der Podemos-Homepage abstimmen. Am Sonntag soll das Ergebnis in Vistalegre verkündet werden.

Doch worüber wird eigentlich genau abgestimmt? "Iglesias strebt ein klassisches Links-Bündnis mit der Vereinten Linken an, mit dem er sich als radikale Linksalternative zu Konservativen und Sozialisten behaupten kann", erklärt Politologe Antonio Elorza. Schon bei den letzten Wahlen trat Podemos unter der Führung Iglesias mit der postkommunistischen Vereinigten Linken (IU) gemeinsam als "Unidos Podemos" an, um so die sozialistische PSOE zu überholen und zur stärksten Kraft links von der regierenden konservativen "Partido Popular" (PP) zu werden.

Über 5 Millionen Wähler hatten im Dezember 2015 für Podemos gestimmt, eine Million für IU. Doch anstatt die erwarteten 6 Millionen Stimmen zu bekommen, blieb es bei 5 Millionen. Viele Podemos-Wähler wollten nicht indirekt für die Kommunisten stimmen – und umgekehrt. Iglesias Idee, die beiden Parteien nach und nach zusammenzuführen, stößt an der Basis auf Widerstand. Viele sehen diese Strategie als gescheitert. So auch Iglesias Freund und langzeitiger rechter Arm Inigo Errejon.

"Errejon stellt die Partei hingegen eher ins politische Erbe der Protestbewegung der Empörten, die sich transversal aus Menschen ganz unterschiedlicher ideologischer Herkunft bildete", erklärt Antonio Elorza. So kritisierte Errejon in den vergangenen Monaten auch immer schärfer Iglesias harte Umgangsweise mit den Sozialisten, die er versucht, politisch zu diskreditieren. Iglesias verhinderte im vergangenen Frühjahr sogar eine sozialistische Minderheitsregierung.

Errejon hingegen sieht die Sozialisten nicht als politischen Feind und wäre im Parlament durchaus bereit, punktuell gemeinsame Sache mit ihnen zu machen, um die Sozialisten an die politischen Ziele von Podemos zu rücken. Das ist unter Iglesias, der neben der parlamentarischen Aktivität vor allem den "Straßenprotest" gegen die Regierungspolitik und die traditionellen Volksparteien aufleben lassen möchte, kaum denkbar.

Nun muss die Basis entscheiden, welche Richtung die linke Protestpartei gehen soll. Gewiss ist: Egal wer gewinnt, die Partei wird gespalten. Errejon und Iglesias haben ein ziemlich gleichstarkes Lager hinter sich. Die "Pablistas" und "Errejonistas" in der Parteiführung kündigten bereits an, nicht mehr zur Verfügung zu stehen, sollte sich das jeweils andere Lager durchsetzen. Die Partei könnte in eine tiefe Krise stürzen. (APA, 10.2.2017)