Dass Theresa May den EU-Austritt eigentlich ohne Beteiligung des Parlaments einleiten wollte, zeugt von mangelndem Demokratieverständnis. Die Pläne der konservativen Regierungschefin für Großbritanniens Zukunft stellen eine Mischung aus absurdem Wunschdenken und imperialer Nostalgie dar – reichlich Ansatzpunkte für eine robuste Opposition. Die aber gibt es nicht, das hat die Debatte im Unterhaus schmerzlich bewusst gemacht. Grüne und Liberaldemokraten sind zu schwach, und die Nationalisten haben nichts anderes als Schottlands Unabhängigkeit im Programm.

Und Labour präsentiert sich unter Jeremy Corbyn uneinig und unentschlossen. Der Parteichef verhängt einen Fraktionszwang, Sanktionen gegen Abweichler aber bleiben aus. Sein unerfahrener Brexit-Sprecher geht den mit allen Wassern gewaschenen Tories auf den Leim. Die Schatten-Innenministerin fehlt wegen Migräne, während todkranke Kollegen hingegen ihre Chemotherapie unterbrechen. Ein Mitglied des Schattenkabinetts rät allen Ernstes dazu, die Fraktion auf eine Enthaltung festzulegen – und dies bei der politisch wichtigsten Frage des Jahrzehnts.

Viele Labour-Stammwähler aus der Arbeiterschicht stimmten für den Brexit, die mehrheitlich städtischen Wahlkreise wollten aber in der EU bleiben. Der Spagat wäre für jeden schwierig – Corbyn und sein Team aber machen Labour durch ihre Inkompetenz unwählbar. (Sebastian Borger, 8.2.2017)