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Proteste gegen die Aufhebung von Obamacare (ACA).

Foto: Reuters / Tom Mihalek

Von der Frage, welchen Grad narzisstischer Störung Donald Trump erreicht, über jene, wer nun im Weißen Haus das Sagen hat, bis hin zu möglichen Folgen der neuen Abschottungspolitik: Der neue Präsident und der Rückzug seines Landes aus der Welt dominieren die Berichterstattung wie kein anderes Thema. Was ist aber in den vergangenen drei Wochen sonst noch geschehen? Was bleibt abseits von Ankündigungen und Twitter-Drohungen? Und ist jede Kritik am Trump-Team angebracht?

  • Widerstand Weil Bildungsministerin Betsy DeVos im Hearing fast durchgefallen wäre, gab Mike Pence, Vizepräsident und somit Senatspräsident, die entscheidende Stimme ab. Es war das erste Mal in der US-Geschichte, dass ein Vizepräsident zu diesem Mittel greifen musste, um ein Regierungsmitglied durchzusetzen. Allerdings sieht es die Funktion vor, Pattsituationen im Senat zu lösen. Joe Biden machte unter Barack Obama nie davon Gebrauch, Dick Cheney (George W. Bushs Vize) achtmal, was vergleichsweise viel ist. Er setzte so zuletzt 2008 den Bundeshaushaltsplan durch.

  • Kabinett Entgegen der oft geäußerten Schelte, Trump habe sich lange Zeit gelassen, um sein Team zusammenzustellen, lag er in der Zeit. Obama ging langsamer vor – und wurde dafür nicht kritisiert. Allerdings ist DeVos erst sein siebentes vereidigtes Kabinettsmitglied, 15 weitere stehen noch an. Obama fehlten zu dem Zeitpunkt sieben Minister, George W. Bush nur zwei. Der Protest der Demokraten sorgt für Verzögerung: Trumps Kabinett ist weißer und männlicher (17 weiße Männer) als jedes seit Ronald Reagan (Obama: acht, Bush jr.: elf). Zudem ist es steinreich: Der Großteil stammt aus der Geschäftswelt, viele von der Investmentbank Goldman Sachs. Es zählt mehr Militärs (sechs) als unter Obama (drei), aber weniger als unter Bush jr. (sieben).

  • Dekrete Zunächst einmal zur Anzahl der von Trump unterschriebenen präsidentiellen Erlässe: Bisher hat er im Vergleich zu seinen Vorgängern nicht auffällig viele "Executive Orders" unterschrieben. Diese "EOs" erlauben es ihm, Gesetze am Kongress vorbei zu beschließen. Trumps Vorgänger unterschrieb 16 Dekrete im ersten Monat, bei Trump sind es nach drei Wochen acht. Allerdings sind sie schwerwiegend: Größten Widerstand erzeugten die Einreisesperren in die USA.

  • Obamacare Das erste Dekret, das Trump noch am Tag seiner Angelobung unterzeichnete, hatte allerdings einen anderen Inhalt. Unter dem Titel "Minimierung der wirtschaftlichen Last des Patient Protection and Affordable Care Act (PPACA) bis zu dessen Rücknahme" verbirgt sich eine Anweisung, die das Ende von "Obamacare" vorbereiten soll. Seither ist aber nicht viel weitergegangen. Statt einer sofortigen Abschaffung und des Ersatzes durch ein "neues, besseres und billigeres" System, wie es Trump im Wahlkampf versprochen hatte, wälzt der Kongress komplizierte Pläne, um das System im Frühjahr teils zurückzunehmen. Ob und durch welche Versicherung es ersetzt werden soll, ist unklar: Während viele Republikaner sich eine Rückkehr zum früheren Privatsystem wünschen, drängt Trump auf Ersatz – so wie auch viele Bürger, die nun bei republikanischen Versammlungen auftreten, um gegen die Abschaffung zu demonstrieren.

  • Abtreibung Schnell spürbare Folgen hat ein Memorandum, die sogenannte Global Gag Rule: Damit schließt die Regierung alle NGOs, die im Zuge ihrer Entwicklungshilfe auf die Möglichkeit von sicheren Abtreibungen hinweisen, von der Verteilung öffentlicher Gelder aus. Ähnliches haben seit Ronald Reagan alle republikanischen Präsidenten unterzeichnet, alle demokratischen haben die Bestimmung dann wieder aufgehoben. Jene von Trump geht aber insofern weiter, als sie nicht auf NGOs reduziert ist, die Familienberatung anbieten, also etwa in Entwicklungsländern Verhütungsmethoden vorstellen. Sie umfasst stattdessen alle Gesundheits-NGOs – auch Projekte, bei denen etwa Malarianetze verteilt oder Impfungen durchgeführt werden. Gesundheitsexperten weisen auf eine paradoxe Folge hin: Laut bisherigen Erfahrungen stieg die Zahl der Abtreibungen deutlich an, weil es weniger Informationen über Verhütung gab.

  • Militäreinsätze Wenig Beachtung hat der erste Militäreinsatz erfahren, der auf direkte Anweisung Donald Trumps erfolgt ist. Nach einer Entscheidung beim Abendessen mit mehreren Beratern – darunter seinem politischen Chefstrategen Steve Bannon – wies der Präsident laut offiziell bestätigten Berichten das Militär zu einer riskanten Aktion gegen Al-Kaida im Jemen an, um dort Informationen zu sammeln. Nach allgemeinem Bekunden lief die Aktion nicht wie geplant: Laut Pentagon wurden 14 Jihadisten, "mehrere Zivilisten" und ein US-Soldat getötet. In jemenitischen Artikeln ist von 50 Toten die Rede, darunter Kinder. Berichte, wonach der Jemen den USA die Bewilligung zu weiteren Einsätzen entzogen habe, bestätigte dessen Regierung nicht. Man habe die USA aber verwarnt. Das gesammelte Material soll laut New York Times kaum neue Erkenntnisse gebracht haben, das Weiße Haus spricht freilich von "einem Erfolg" der Aktion. (Manuel Escher, Anna Giulia Fink, 9.2.2017)