Die protoplanetare Scheibe um den jungen Stern TW Hydrae. Diese Aufnahme zeigt die Struktur im Licht einer Spektrallinie von Kohlenstoffmonosulfid (CS)

Foto: R. Teague (MPIA), ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)

Diese Aufnahme entstand auf Basis von Streulicht von Staub in der Scheibe. Einige der charakteristischen Ringstrukturen sind in beiden Bildern zu erkennen.

Foto: R. van Boekel (MPIA), ESO

Heidelberg – Planeten reifen in wirbelnden Scheiben aus Gas und Staub heran, die sich um junge Sterne bilden. Aus der Art und Weise, wie diese protoplanetaren Scheiben strukturiert sind, lassen sich wertvolle Informationen über die Vorgänge während der Planetengeburt schließen – und damit letztlich auch über die Genese unseres eigenen Sonnensystems. Doch der Aufbau dieser Scheiben war bisher nur sehr schwer zu entschlüsseln.

Erst seit einigen Jahren gibt es überhaupt astronomische Aufnahmen, die detailscharf genug sind, um nicht nur die Scheiben als Ganzes zu zeigen. Nun aber sind Astronomen unter der Leitung von Richard Teague vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg einen bedeutenden Schritt weitergekommen: Die Forscher haben mit einer neuartigen Analysetechnik und Aufnahmen des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) der ESO in Chile dreidimensionale Strukturen in der protoplanetaren Scheibe rund um den jungen Stern TW Hydrae nachgewiesen, die ihnen allerdings noch Rätsel aufgeben.

Anhand bisheriger Bilder von zirkumstellaren Scheiben war nicht zuverlässig zu unterscheiden, ob sichtbare Scheibenstrukturen auf unterschiedliche Materialeigenschaften zurückgingen – beispielsweise auf größere oder kleinere Staubteilchen – oder auf Unterschiede in der Dichte der Scheibenmaterie. Dichteunterschiede sind besonders interessant, weil sie die Anwesenheit eines jungen Planeten verraten können – oder aber einer Region, in der die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung eines neuen Exoplaneten besonders groß ist.

Ringförmige Lücke ohne Erklärung

Teague und seine Kollegen kombinierten Beobachtungen an unterschiedlichen Arten von Licht: einerseits dem von den Staubteilchen reflektierten Licht, andererseits Licht, das von Kohlenstoffmonosulfidmolekülen abgestrahlt wird. Auf dieses Weise konnten sie um TW Hydrae in 175 Lichtjahren Entfernung von der Erde eine ringförmige Lücke nachweisen, in der die Materiedichte weniger als halb so groß ist wie in den benachbarten Scheibenregionen.

Die Lücke befindet sich allerdings in beträchtlicher Distanz zum Stern: rund 95 mal so weit entfernt wie die Erde von der Sonne. Das Muster könnte durch einen Exoplaneten verursacht sein oder Instabilitäten anzeigen, aus denen ein Exoplanet entstehen könnte. Das Problem ist allerdings: Beide Möglichkeiten sind mit den heutigen Modellen der Planetenentstehung schwer zu erklären. Diese Modelle bieten auch keine passende Antwort auf die Frage, wie sich überhaupt in einer protoplanetaren Scheibe in derart großer Entfernung vom Stern Planeten bilden können.

Die nun im "Astrophysical Journal" veröffentlichten Ergebnisse von Teague und Kollegen sowie eine ähnliche Veröffentlichung Ende 2016 von Andrea Isella und Kollegen an der Rice University in Texas eröffnen eine neue Phase der Untersuchung von planetaren Geburtsstätten. Die Astronomen hoffen, dass das weitere Studium und die Kartierung der dreidimensionalen Unterstrukturen von protoplanetaren Scheiben diese Rätsel zu lösen vermögen. (red, 7.2.2017)