Die Mehrheit der europäischen Medien, Öffentlichkeit und politischen Klasse hält Donald Trump für verrückt oder brandgefährlich. Aber für eine starke Minderheit ist der US-Präsident Vorbild und Inspiration. Sowohl Marine Le Pen in Frankreich als auch Geert Wilders in den Niederlanden folgen mit ihren Wahlversprechen dem Kurs, den Trump für die USA vorgegeben hat: Nationalismus, Abschottung gegenüber Ausländern, Aufrüstung der Sicherheitskräfte, Protektionismus und neue Jobs für die frustrierte Arbeiterschaft. Auch sie wollen aus überstaatlichen Verträgen und Organisationen – vor allem dem Euro und der EU – ausbrechen und rufen frei nach Trump "Frankreich zuerst" bzw. "Niederlande zuerst". Und ihre Erfolgschancen sind auch mit dem Schicksal des Aufrührers im Weißen Haus verknüpft.

Le Pen, die am Sonntag ihr Wahlprogramm für die Präsidentenwahl im April präsentiert hat, und Wilders, der sich Mitte März den Wählern stellt, haben trotz ihres Vorsprungs in den nationalen Umfragen geringe Chancen auf eine Teilhabe an der Macht. Denn Len Pen müsste sich in der Stichwahl gegen einen Kandidaten durchsetzen, der auf eine breite Allianz der Front-National-Gegner zählen kann. Und Wilders steht, selbst wenn seine PVV in einem zersplitterten Parlament Erste wird, ohne Koalitionspartner da. Dazu ist seine Anti-Islam-Politik zu radikal, sein Stil zu brachial.

Ebenso wie Trump schlägt Le Pen und Wilders in ihrer Heimat eine fast einhellige Ablehnung der gebildeten Eliten entgegen. Denn ihre Programme sind in sich widersprüchlich, undurchführbar oder riskant. Auch wenn Le Pen sich ein Schlupfloch bei ihrem Ruf nach einem Frexit lässt und einen undefinierten "Ecu" als Euro-Ersatz vorschlägt, würde ihr Wahlsieg das Ende der EU einläuten, mit dramatischen Folgen für den Kontinent. Und Wilders gibt sich mit programmatischen Details erst gar nicht ab. Ihm reichen 140 Twitter-Zeichen für seine Botschaften.

Aber ebenso wie Trump sprechen beide weitverbreitete Emotionen im Wahlvolk an: Verunsicherung durch Migration und Flüchtlingsströme, Angst vor einer ungewissen wirtschaftlichen Zukunft, Misstrauen gegenüber allen Institutionen und eine Sehnsucht nach einer imaginären Vergangenheit, die von nationaler Größe geprägt war. Das kann sich – das haben die US-Präsidentenwahlen und das britische Brexit-Referendum gezeigt – am Wahltag als stärker erweisen als alle Sachargumente.

Ein mögliches Gegenmittel sind charismatische Politiker, die Begeisterung mit Vernunft verbinden. In Frankreich wird dies derzeit am ehesten Emmanuel Macron zugetraut. In Deutschland ist es unsicher, ob der Zulauf für den neuen SPD-Chef Martin Schulz nicht nur Angela Merkel, sondern auch die AfD Stimmen kosten kann.

Aber ein weiterer Faktor sind die Entwicklungen in Washington. Wenn Trump in den nächsten Wochen seine Regierungsarbeit in den Griff bekommt und zumindest Scheinerfolge verkünden kann, dann nützt das auch seinen europäischen Freunden. Hält das Chaos allerdings an und setzt auch bei Trump-Anhängern Enttäuschung ein, dann wird es Europas Rechtspopulisten schwerer fallen, sich als Hoffnungsträger zu verkaufen. Und selbst im nächsten österreichischen Wahlkampf wird es für die FPÖ eine Rolle spielen, ob andere populistische Heilsbringer hochfliegen oder abstürzen. (Eric Frey, 5.2.2017)