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Rund 60 Kilometer von der libyschen Hauptstadt Tripolis entfernt halten libysche Marineangehörige Flüchtlinge fest.

Foto: EPA/STR

Brüssel/Valletta – Ziel sei es, "Libyen zu stabilisieren", auf dass dortige Behörden "anständige Aufnahmestellen" für Flüchtlinge schaffen könnten. Das steht im Einladungsbrief von EU-Ratspräsident Donald Tusk an die EU-Staats- und Regierungschefs für den informellen EU-Gipfel in der maltesischen Hauptstadt Valletta am Freitag.

Spekulationen über Möglichkeiten, mit Libyen einen ähnlichen Flüchtlingsdeal wie mit der Türkei zu vereinbaren, erteilte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bereits eine Absage. Dies seit "derzeit unmöglich".

Chaotische Zustände

Stattdessen sollen in Valletta Maßnahmen beschlossen werden, um das nordafrikanische Land in die Politik der Flüchtlingskontrolle und -abwehr einzubinden. Doch die seit dem Tod von Diktator Muammar al-Gaddafi 2011 in Libyen herrschenden chaotischen Zustände erschweren auch dies. Zuletzt gab es Anfang Jänner bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen der von der EU unterstützten Regierung der Nationalen Verständigung (GNA) und der Armee von General Khalifa al-Haftar.

Rund 90 Prozent aller Abfahrten in Richtung EU seien 2016 von Libyen aus erfolgt, steht in einem den Gipfel vorbereitenden Bericht der EU-Kommission. Nach dem Schließen der Balkangrenzen und dem EU-Türkei-Abkommen sei dies die Hauptfluchtroute. 181.000 Menschen kamen 2016 über den Seeweg in Italien an: Drei Viertel stammen aus Subsahara-Afrika – etwa Nigeria, Eritrea, Guinea -, 13 Prozent Frauen, 15 Prozent Minderjährige, davon 91 Prozent unbegleitet. Über 4500 Menschen ertranken.

Starker Rassismus gegen Schwarze

Nur die Hälfte der Ankommenden habe laut dem Bericht in Italien um Asyl ersucht. Die anderen seien auf der Suche nach Arbeit und Auskommen gewesen. Viele von ihnen, so die migrationspolitische Sprecherin der Grünen/EFA-Fraktion im Europaparlament, Ska Keller, hätten ursprünglich gar nicht nach Europa übersetzen wollen. "Doch Flüchtlinge werden in Libyen vielfach schwer drangsaliert", sagt sie. Tatsächlich existieren viele Berichte über gewalttätigen Rassismus gegenüber Schwarzen in Libyen – etwa vom italienischen Undercover-Journalisten Fabrizio Gatti.

Laut einem vom Auswärtigen Amt in Berlin bestätigten Bericht der deutschen Botschaft in der nigerischen Hauptstadt Niamey betreiben außerdem Schlepper in Libyen "Privatgefängnisse", in denen Abfahrtswillige auf einen Platz in einem Boot warten müssen. "Authentische Handyfotos und -videos" von dort zeigten Folter, Vergewaltigungen, Erpressungen, Aussetzungen in der Wüste sowie Exekutionen nicht zahlungsfähiger Migranten.

Rückkehr aus Libyen in Heimatländer fördern

Um Macht und Verbrechen von Schleppern zu bekämpfen, sollen laut den Kommissionsvorschlägen unter anderem internationale Organisationen "mit libyschen Autoritäten" kooperieren. Die Rückkehr afrikanischer Migranten aus Libyen in ihre Heimat soll finanziell gefördert werden. Auch soll die libysche Küstenwache unterstützt werden – mit dem Ziel, zu verhindern, dass die Flüchtlingsboote libysche Hoheitsgewässer in Richtung Europa verlassen. (Irene Brickner, 2.2.2017)