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Bei einer Überschuldung sitzt der Pleitegeier am längeren Ast – Erleichterungen für Privatkonkurse sollen Privaten aus der Schuldenfalle helfen.

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Wien – In den Ohren von Schuldnerberater Clemens Mitterlehner war es keine allzu gute Nachricht: Im Vorjahr wurden um fast zehn Prozent weniger Verfahren für Privatinsolvenzen eröffnet. Jedoch nicht, weil es weniger überschuldete Österreicher gab, betont der Geschäftsführer der Dachorganisation ASB Schuldnerberatung, sondern weil viele Betroffene es gar nicht versucht hätten. Denn wer nicht nach dem siebenjährigen Abschöpfungsverfahren zehn Prozent der Schulden zurückgezahlt hat, bekommt womöglich keine Restschuldbefreiung – und riskiert eine 20-jährige Sperre für einen neuen Anlauf.

Mit diesem Teufelskreis soll nun bald Schluss sein: Wie berichtet plant die Regierung eine Aufweichung der Kriterien. Die Zehn-Prozent-Grenze soll fallen und die Verfahrensdauer auf drei Jahre verkürzt werden. "Das ist ein Lichtblick für alle, die wegen der Zehn-Prozent-Grenze keinen Privatkonkurs schaffen", sagt Mitterlehner. "Mit diesen beiden Maßnehmen können sich mehr Menschen entschulden." Allerdings gibt Mitterlehner zu bedenken, dass mehr Privatkonkurse auch mehr Betreuung benötigten – und damit die Schuldnerberatungen mehr finanzielle Mittel.

Kein Bauchweh wegen Sperrfristen

Andere Details wie die Sperrfristen, mit denen Mitterlehner im neuen System "kein Bauchweh" mehr hat, müssen erst geklärt werden. Für eine Beibehaltung ist KSV-Experte Hans-Georg Kantner, allerdings erst im Fall einer Restschuldbefreiung. Dass die Sperre bisher schon mit der Verfahrenseröffnung wirksam wurde, ist für den Gläubigerschützer ohnedies ein "Redaktionsversehen des Gesetzgebers" gewesen.

Nicht zufrieden ist Kantner damit, dass die Neuregelung für alle Privatkonkurse, ungeachtet der Ursachen, gelten soll. "Das wird die Moral derer anknabbern, die zeigen müssen, dass sie sich bemühen und anstrengen." Je nach Einzelfall könnten Insolvenzgerichte jetzt schon bei Quoten unter zehn Prozent Restschuldbefreiungen aussprechen.

Daher setzt sich Kantner für ein "Auseinanderdividieren" jener Fälle ein, die auf früherer Selbstständigkeit – mit 30 Prozent häufigste Ursache von Privatkonkursen – basieren. Diesen Personen will er den Neustart erleichtern, da unternehmerisches Scheitern zum Wirtschaftsleben gehöre und nicht stigmatisiert werden dürfe: "Unternehmer, die einen Konkurs hinter sich haben, sind besser geworden." (Alexander Hahn, 2.2.2017)