Tempel, die mehr als 2.000 Jahre alt sind, die Pracht antiker Stätten und wertvolle Funde, die soeben mit einem feinen Pinsel von Forscherinnen und Forschern freigelegt wurden – archäologische Fotografinnen und Fotografen haben das Kulturerbe der Menschheit aus nächster Nähe vor der Linse der Kamera.

Die wissenschaftliche Fotografie ist durch die Möglichkeit der gesellschaftsnahen Darstellung archäologischer Vorgänge und Objekte ein wichtiges Instrument zur transparenten Vermittlung von Forschung in der Öffentlichkeit. Das wissenschaftliche Foto fungiert als ein in den Arbeitsprozess integriertes Medium, das der Erkenntnissteigerung oder Visualisierung dient.

Zur Dokumentation und Argumentation

Als Fotograf am Österreichischen Archäologischen Institut an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist die Bandbreite der Aufgaben ausgesprochen vielfältig. Sie reicht von Aufnahmen kleiner Objekte in Museen im Rahmen von Forschungsprojekten über die Dokumentation neuer Fundstücke auf laufenden Grabungen im In- und Ausland bis hin zu großflächigen Aufnahmen antiker Gebäude oder Grabungsflächen. Nicht selten kommt hier auch einmal ein Autokran zur Aufnahme von Ortho- und Überblicksfotos zum Einsatz.

Um die Visualisierung von archäologischen Artefakten, Befunden und Monumenten und deren Verbreitung an diejenigen, die das Original nicht vor sich haben zu gewährleisten, ist farbtreues, hochauflösendes und verzeichnungsfreies Arbeiten – auch unter schwierigen Rahmenbedingungen – selbstverständlich. Neben ihrem dokumentarischen Charakter unterstützt die Fotografie Argumentationen und Theorien. Technologien wie Photoscan und RTI (Reflectance Transformation Imaging) runden das fotografische Œuvre ab.

Panoramaufnahme des Artemision in Ephesos. Fotografiert mit: EOS 5D Mark III, Objektiv: 20mm, ISO 200, Blende: 11, Zeit: 1/50 sec., sieben Einzelaufnahmen (Photomerge /Photoshop CS 6)
Foto: Niki Gail – ÖAW/ÖAI
Der Hadrianstempel. EOS 5D Mark III, Objektiv: 14mm, ISO 200, Blende: 16, Zeit: 0,3 sec.
Foto: Niki Gail – ÖAW/ÖAI
Die Inschrift vor der Celsusbibliothek. EOS 5D Mark III, Objektiv: 24-70mm (50mm), ISO 100, Blende: 11, Zeit: 1/200 sec.
Foto: Niki Gail – ÖAW/ÖAI
Eine Katze vor dem Hafengymnasium. EOS 5D Mark III, Objektiv: 80-200mm (155mm), ISO 400, Blende: 16, Zeit: 1/1600 sec.
Foto: Niki Gail – ÖAW/ÖAI

ÖAI seit 2002 volldigital

Am ÖAI wird seit dem Jahr 2002 volldigital fotografiert. Als Kameras stehen unterschiedliche Modelle der Canon-EOS-Serie zur Disposition, wobei eine Canon EOS 5DSR sowie eine Canon EOS 5D Mark III als Flaggschiffe zum Einsatz kommen. Den Fotografierenden steht eine nahezu komplette Objektivpalette zur Verfügung:

Als Fixbrennweiten kommen zum Einsatz: 14mm f/2.8 Ultraweitwinkel; 17mm f/4 Tilt-Shift Objektiv; 20mm f/2.8; 50mm f/2.8 Kompaktmakro; 65mm f/2.8 1-5x Lupenobjektiv; 85mm f/1.2; 100mm f/2.8 Makroobjektiv und ein 600mm f/8 Spiegelobjektiv. Als Zoomobjektive werden folgende Linsen verwendet: 8-15mm f/4 Fisheye; 11-24mm f/4 Ultraweitwinkelzoom; 17-35mm f/2.8; 24-70mm f/4; 28-70mm; 24-105mm f/4 und ein 80-200 mm f/2.8.

Vom Makro bis zur Architekturfotografie

Als Beleuchtungseinheit dient die mobile Blitzanlage Minicom 80 mit fünf Lampenköpfen der Firma Broncolor, die mit unterschiedlichen Lichformern (Reflektorschirm, Hazylight, Weichstrahler, Spotlight, Wabenfilter) ausgestattet ist. Ein Aufnahmetisch mit Hohlkehle und ein Reprotisch ermöglichen die optimale Ausleuchtung der Artefakte sowie der Biofakte und bieten nahezu unbegrenzte Möglichkeiten kreativer Ausleuchtung.

Das Aufnahmegebiet erstreckt sich von Makroaufnahmen im Format 5:1 und größer, um Oberflächenstrukturen und Zerstörungsgrade sichtbar zu machen, über das gesamte Spektrum archäologischer Fundstücke (Münzen, Keramik, Knochen, Kleinfunde, Skulptur) bis hin zur großflächigen Grabungsdokumentation, fotogrammetrischen Aufnahmen, Panoramaaufnahmen und Architekturfotografie. Ebenso wichtig ist es, hochwertige Image-Bilder für Sponsoren, Präsentationen und Presseausendungen zu produzieren.

Byzantinische Münze. EOS 5D Mark III, Objektiv: 100mm, ISO 125, Blende: 16, Zeit: 1/125 sec.
Foto: Niki Gail – ÖAW/ÖAI
Kaiserbrief. EOS 5D Mark III, Objektiv: 50mm, ISO 125, Blende: 14, Zeit: 1/125 sec.
Foto: Niki Gail – ÖAW/ÖAI
Skulptur. EOS 5D Mark III, Objektiv: 50mm, ISO 100, Blende: 14, Zeit: 1/125 sec., zwei Einzelaufnahmen (Fotomontage)
Foto: Niki Gail – ÖAW/ÖAI
Goldring mit Darstellung der Artemis Ephesia. EOS 5D Mark III, Objektiv: 100mm, ISO 100, Blende: 18, Zeit: 1/125 sec.
Foto: Niki Gail – ÖAW/ÖAI
Keramikensemble. EOS 5D Mark III, Objektiv: 50mm, ISO 125, Blende: 16, Zeit: 1/125 sec.
Foto: Niki Gail – ÖAW/ÖAI

Bestände sichern

Seit 2002 wird am ÖAI auch ein digitales Bildarchiv auf Basis der Software Easydb der Firma Programmfabrik aufgebaut und betreut, denn nicht nur das Produzieren, sondern auch das Archivieren ist ein wesentliches Aufgabengebiet der Fotografie am ÖAI. Ziel ist neben dem Sichern der Bestände, das jährlich anfallende digitale Bildmaterial aller laufenden Projekte effizient zu verwalten und die Benutzung in Forschung, Lehre, für Publikationen und Öffentlichkeitsarbeit zu vereinfachen. Bis dato wurden rund 280.000 Bilder (Stand Jänner 2017) vollständig verschlagwortet in die Bilddatenbank eingegeben.

Von ganz besonderem dokumentarischem Wert sind die frühesten Aufnahmen in der Bilddatenbank. Es handelt sich um Glasplatten, die von Felix Ritter von Luschan in den Jahren 1882 und 1883 aufgenommen wurden.

Aleppo. Original-Glasplatte 18x21cm/Coll. Dr. L, Aufnahmedatum: 22. März 1883. EOS 5DSR, Objektiv: 50mm, ISO 100, Blende: 11, Zeit: 1/5 sec.
Foto: Felix Ritter von Luschan

Inhalt dieser großartigen Fotografien ist die "pamphylische Expedition" unter Karl Graf Lanckoroński 1882. 1883 folgten die Teilnahme an einer wissenschaftlichen Reise in die Kommagene zum Nemrud Dağ unter Karl Humann und im Auftrag der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften mit einer ersten Erkundung von Zincirli sowie eine weitere Reise nach Karien, Lykien, Pamphylien und Syrien.

Die gesamte Diathek der Zentrale Wien wurde in den vergangenen Jahren ebenso digitalisiert wie die der Zweigstellen in Athen und Kairo. Somit befinden sich in der Bilddatenbank des Instituts Aufnahmen von mehr als 135 Jahren Forschungs- und Wissenschaftsgeschichte. Eine Benutzung der Bilddatenbank ist übrigens auf Anfrage möglich. (Niki Gail, 2.2.2017)