Ärzte sind die erste Anlaufstelle und sollen daher für Anzeichen von Gewalt sensibilisiert werden.

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Innsbruck – Die Innsbrucker Universitätsklinik für Medizinische Psychologie und Psychotherapie hat 1.800 Patienten zu ihren Gewalterfahrungen befragt. Mit alarmierendem Ergebnis: 26,3 Prozent der Befragten gaben an, aktuell von Gewalt betroffen zu sein. Neben körperlicher und sexualisierter Gewalt wurden auch verbale Übergriffe mitgezählt. In rund 60 Prozent der Fälle wurde der Partner oder die Partnerin als Täter genannt.

Männer und Frauen gleichermaßen Täter

Die Studie zielte nicht darauf ab, den Einweisungs- oder Behandlungsgrund mit Gewalt in Verbindung zu setzen. Die Patienten wurden gefragt, ob sie in den vergangenen drei Jahren Opfer von Übergriffen in der genannten Form wurden. Überraschend für die Forscher war, dass es keine Häufung in Bezug auf das Geschlecht gab. Auch das Alter, die Bildung und die ländliche oder städtische Herkunft lassen keine Rückschlüsse auf Gewalterfahrungen zu.

Jedoch erklärten 70 Prozent der Befragten, dass sie gerne von ihrem Arzt nach Gewalt befragt werden wollen. Studienautorin Astrid Lampe hofft, mit ihren Ergebnissen Mediziner für das Thema zu sensibilisieren: "Denn wer Gewalt erlebt, braucht oft Jahre, bis er sich um Hilfe an eine spezialisierte Einrichtung wendet. Aber zuerst geht man zum Arzt." Daher wäre es wichtig, das medizinische Personal für Alarmzeichen empfänglicher zu machen. Ein überfürsorglicher Partner, der sich weigert, während der Behandlung den Raum zu verlassen, sowie über die Maßen ängstliche oder verwirrte Patienten wären solche Anzeichen.

Ziel der Studie ist es, das medizinische Personal in Kliniken hellhöriger für Anzeichen von Gewalt zu machen. Im Rahmen der sogenannten Opferschutzgruppen, die es auch an den Tirol-Kliniken gibt, werden Ärzte und Pflegepersonal bereits dahingehend geschult, bei ihren Patienten besonderes Augenmerk auf mögliche Gewalterfahrungen zu legen. (ars, 1.2.2017)