Wien – "Nur ein Placebo für das Volk" sieht Rechtsanwälte-Präsident Rupert Wolff in den zur Terrorprävention angekündigten neuen Überwachungsinstrumenten. Über einzelnes könnte man zwar reden, aber in Summe sei das Maßnahmenpaket "beängstigend und besorgniserregend". Besonders "überschießend" ist für Wolff die Fußfessel für Gefährder.

Mit den im neuen Arbeitsplan der Regierung aufgezählten Maßnahmen von der Fußfessel bis zur akustischen Überwachung im Auto solle "dem Volk nur vermittelt werden, wir machen etwas für die Sicherheit". Dieses "Placebo" werde vielleicht bis zur nächsten Wahl funktionieren, aber "in Wahrheit wird nicht mehr Sicherheit geschenkt, sondern nur mehr Freiheit genommen", kritisierte Wolff.

Nicht geeignet, um Attentate zu verhindern

Tatsächlich sei "das alles nicht geeignet, um ein Attentat zu verhindern. Ein Selbstmordattentäter wird sich durch eine Fußfessel nicht aufhalten lassen". Zudem schaffe man "einen so großen Heuhaufen an Daten, dass man die Stecknadel, die man sucht, nicht mehr finden kann".

Längerfristig werde man "das Gefühl reduzierter Sicherheit mit technischen Maßnahmen nicht befriedigen können". Viel wichtiger wäre die öffentliche Präsenz der Sicherheitsbehörden. Aber da habe man das Gegenteil unternommen – und Gendarmerieposten am Land geschlossen.

"Absolut unverhältnismäßig"

Unter den geplanten Maßnahmen lehnt Wolff vor allem die Fußfessel für Gefährder ab. Ohne Straftat, ohne Verurteilung – und sogar ohne dringenden Tatverdacht – die Freiheit einzuschränken, wäre "absolut unverhältnismäßig" und wohl auch verfassungswidrig. Gesetzgeberisch keinesfalls zulässig sei es, die Fußfessel als "gelinderes Mittel" anstelle der U-Haft per Erlass zu verfügen, man bräuchte wohl sogar eine Verfassungsbestimmung.

Außerdem gibt Wolff zu bedenken: Wenn es "in Österreich Standard werden soll, dass man eine solche Maßnahme allein wegen einer 'gefährlichen Tendenz' verhängt, muss man sich fragen, was man dann mit den Gefährdern im Rahmen anderer Straftaten tut". So gebe es jährlich geschätzt 52.000 alkoholisierte Autolenker (2015 gab es 26.300 Anzeigen), die andere Verkehrsteilnehmer an Leib und Leben gefährden.

Richterliche Genehmigung unabdingbar

Nicht ausreichend ist für Wolff die in vielen Fällen – laut Regierungsübereinkommen – bloß vorgesehene Anordnung durch den Staatsanwalt. Für Zugriff auf Videoaufzeichnungen, den Auftrag zur Speicherung von Telekommunikationsdaten (Quick Freeze), Überwachung von Internet-Telefonie oder akustische Überwachung im Auto sei die richterlicher Genehmigung unabdingbar.

Um Internet-Telefonie – die laut Fachleuten verschlüsselt erfolgt – überwachen zu können, werde es nötig sein, Schadsoftware am Endgerät (Handy, PC) einzuschleusen. "Das wäre dasselbe wie der Bundestrojaner", merkte Wolff an. Diese Software würde Zugriff auf alle gespeicherten Daten ermöglichen – und es wäre "sicherlich zu weitgehend, wenn auch auf die Steuererklärung eines Gefährders zugegriffen werden kann".

Sehr skeptisch sieht Wolff den Plan, Autos ebenso wie Wohnungen akustisch überwachen zu können, wenn konkreter Tatverdacht vorliegt. Dies schon für vorsätzliche Taten mit drei Jahren Strafdrohung zuzulassen, würde zu weit gehen. Darunter falle eine Vielzahl von Straftaten (wie Verleumdung, Förderungsmissbrauch oder schwere Körperverletzung), die einen solchen Eingriff nicht rechtfertigen. Selbst bei einer höheren Straf-Schwelle wäre auch hier eine richterliche Genehmigung unabdingbar – da ein Gespräch im Auto nicht ohne Verwanzung abgehört werden könne. (APA, 1.2.2017)