Großeinsatz der Polizei in Hessen

apa

Bei den Razzien waren mehr als 1.000 Polizisten im Einsatz.

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Wiesbaden/Tunis – Die Polizei hat bei Großrazzien in Hessen am Mittwoch einen Terrorverdächtigen festgenommen, der in seiner Heimat Tunesien wegen des Anschlags auf das Bardo Museum mit 21 Toten gesucht wurde. Der 36-Jährige saß bereits in Auslieferungshaft, musste aber wegen mangelnder Kooperation mit den tunesischen Behörden wieder freigelassen werden, sagte der hessische Innenminister Peter Beuth in Wiesbaden.

Der Tunesier und 15 bei den Razzien in Gewahrsam genommene Komplizen hätten Pläne für einen Anschlag in Deutschland verfolgt, aber kein konkretes Ziel im Visier gehabt. "Es gab keine konkrete Anschlagsgefahr", betonte Oberstaatsanwalt Alexander Badle.

Haftbefehl wegen Beteiligung an Überfall

Gegen den Hauptbeschuldigten, der in Deutschland nicht als sogenannter Gefährder beobachtet wurde, habe ein Haftbefehl der tunesischen Behörden wegen Beteiligung an dem Überfall auf das Bardo-Museum sowie wegen eines weiteren Anschlags vorgelegen, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt mit.

Die tunesischen Behörden hätten den Mann seit dem 3. Juni 2016 mit Haftbefehl gesucht. Neben dem Anschlag auf das Nationalmuseum in Tunis soll er auch am Überfall Dutzender Angehöriger der Extremistengruppe Islamischer Staat auf die Stadt Ben Guerdane beteiligt gewesen sein. Dabei starben mindestens 53 Menschen.

Seit Monaten Ermittlungen

Der Verdächtige hielt sich der Staatsanwaltschaft zufolge bereits zwischen 2003 und 2013 in Deutschland auf und reiste dann im August 2015 – wenige Monate nach dem Anschlag auf das Nationalmuseum – erneut als Asylbewerber nach Deutschland ein. Er sei rund ein Jahr später am 15. August 2016 festgenommen worden und wegen einer Freiheitsstrafe wegen Körperverletzung aus seinem ersten Deutschland-Aufenthalt für 43 Tage in einer Haftanstalt festgehalten worden.

Daran habe sich direkt die vorläufige Auslieferungshaft angeschlossen. Weil aber die tunesischen Behörden innerhalb der geltenden 40-Tage-Frist "trotz wiederholter Erinnerung" nicht die vollständigen Auslieferungsunterlagen vorgelegt hätten, habe der Mann auf freien Fuß gesetzt werden müssen. Unmittelbar nach der Haftentlassung am 4. November 2016 bis zu seiner Festnahme am Mittwoch sei er rund um die Uhr von der Polizei observiert worden.

150 Beamte rund um die Uhr beschäftigt

Die Ermittlungen, die zur Festnahme des 36-Jährigen geführt haben, liefen nach Angaben des hessischen Landeskriminalamtes bereits seit vier Monaten. 150 Polizeibeamte seien damit rund um die Uhr beschäftigt gewesen. Ziel sei es gewesen, nicht nur gegen den Hauptbeschuldigten zu ermitteln, sondern das gesamte Netzwerk lahmzulegen. "Uns ist ein nachhaltiger Präventivschlag gegen salafistische Netzwerke gelungen", sagte Innenminister Beuth. "Wir haben die Szene fest im Blick."

Bei den Razzien durchsuchten seit 4.00 Uhr mehr als 1.000 Polizisten 54 Wohnungen, Geschäftsräume und Moscheen in Hessen. Bereits am Dienstag waren in Berlin drei mutmaßliche islamische Extremisten festgenommen worden. (Reuters, 1.2.2017)