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Applaus von Trump: Neil Gorsuch (links) soll Höchstrichter werden.

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Gegen den streng konservativen Richter regt sich Widerstand.

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Washington – US-Präsident Donald Trump hat am Dienstag den 49-jährigen Neil Gorsuch für die vakante Stelle am US-Höchstgericht nominiert. Würde der bisherige Bundesrichter vom Senat auf diesem Posten bestätigt, würde die konservative Mehrheit des Supreme Court wiederhergestellt.

Die Richter des Höchstgerichts werden auf Lebenszeit ernannt. Der Posten in dem neunköpfigen Gremium wurde frei, nachdem der profilierte Konservative Antonin Scalia im Februar vergangenen Jahres gestorben war. Innerhalb des Supreme Court herrscht derzeit ein weltanschauliches Patt: Von den acht Richterposten sind vier von eher konservativen und vier von eher linksliberalen Richtern besetzt. Mehrere weitere Posten könnten zudem in den kommenden Jahren vakant werden, da gleich drei Richter bereits um die 80 Jahre alt sind.

"Brillanter Geist"

"Richter Gorsuch hat herausragende juridische Fähigkeiten, einen brillanten Geist und unglaubliche Disziplin. Er ist zudem über Parteigrenzen hinweg unterstützt worden", sagte Trump zu der Nominierung. Er hoffe, dass sich Republikaner und Demokraten gemeinsam auf diesen Kandidaten für das Oberste Gericht des Landes verständigen könnten.

Dem Vorschlag des Präsidenten muss der Senat zustimmen. Dort haben die Republikaner Trumps eine Mehrheit von 52 zu 48 Stimmen. Ein Supreme-Court-Richter muss mit mindestens 60 Stimmen bestätigt werden. Einige Demokraten haben bereits angekündigt, sie würden jeden von Trump nominierten Kandidaten ablehnen.

Trumps Vorgänger Barack Obama hatte bereits im März 2016 den Richter Merrick Garland für den Höchstrichterposten nominiert, doch republikanische Senatoren hatten dessen Ernennung verhindert.

Vergleich mit Scalia

Der 1967 in Denver, der Hauptstadt des Rocky-Mountains-Staates Colorado, geborene Gorsuch ist der jüngste Kandidat für das Amt des Höchstrichters seit einem Vierteljahrhundert. Wie Scalia ist Gorsuch ein Vertreter des sogenannten Originalismus. Nach dieser juristischen Lehrmeinung sollen die Worte der Verfassung so ausgelegt werden wie sie zur Zeit ihrer Entstehung im 18. Jahrhunderts gemeint waren. Er studierte an der Columbia University sowie an der Eliteschmiede Harvard Law School. Zudem hat er ein Doktorat in Rechtsphilosophie von der britischen Universität Oxford.

2006 schrieb Gorsuch ein Buch, in dem er sich gegen "assistierten Suizid und Euthanasie" aussprach: Menschliches Leben sei "grundsätzlich und von Natur aus wertvoll", es zu nehmen sei für Privatpersonen "immer falsch". Das berühmte "Roe vs. Wade"-Urteil von 1973, das Schwangerschaftsabbruch legalisierte, bezeichnet Gorsuch als "Gräuel". Kürzlich äußerte der designierte Höchstrichter aber auch Bedenken, wonach die USA inzwischen überreguliert seien: Zu viele Verbote schafften zu viele Kriminelle, so Gorsuch.

"Mit silbernem Haar geboren"

Gerüchte, wonach sich der jugendlich wirkende Mann im Alter von 39 die Haare grau gefärbt habe, um älter auszusehen, quittierte ein früherer Kanzleipartner einmal so: "Er wurde mit silbernem Haar geboren, außerdem mit einem unerschöpflichen Schatz an Churchill-Zitaten." Mit seiner Frau und zwei Töchtern lebt Gorsuch in Denver. Der als Intellektueller geltende Richter wird auch als ein Fan von Outdoor-Sport in seiner gebirgigen Heimat beschrieben, er geht gerne Ski fahren und rudern und liebt das Fliegenfischen.

Das Verfassungsgericht spielt in den USA eine zentrale Rolle im Justizwesen, bis hin zu direkten Eingriffen in die Gesetzgebung. So wurde 1973 die Abtreibung und 2015 die Homo-Ehe durch Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes bundesweit legalisiert. US-Präsidenten versuchen dementsprechend, am Höchstgericht Personen einzusetzen, die ihre eigenen politischen und weltanschaulichen Überzeugungen widerspiegeln beziehungsweise durchsetzen sollen. (red, APA, 1.2.2017)