Es überrascht immer wieder, wie schnell die Politik in ihren Alltag zurückkehrt. Wochen-, ja monatelang beherrschte die Wiederholung der Bundespräsidentenwahl den politischen und juridischen Diskurs – bis hin zu gesetzlichen Änderungen. Man war sich einig: Nie wieder darf sich Österreich derart blamieren. Kaum gesagt, ist auch schon wieder Gras darüber gewachsen.

Da steht jetzt etwa am Sonntag die Grazer Gemeinderatswahl auf dem Kalender. Die ÖVP nutzte letzten Freitag den vorgezogenen Wahltag, ließ Exit-Polls erstellen und lancierte daraufhin die Ergebnisse, eine aus ihrer Sicht horrible Vision: Graz drohe eine KPÖ-Bürgermeisterin, wenn nicht Bürgermeister Siegfried Nagl von der ÖVP gewählt werde. Natürlich ist es nur eine alte Fingerübung versierter Wahlkämpfer, solche Mobilisierungskampagnen für die eigenen wahlfaulen Mitglieder zu organisieren. Aber streng genommen war es in diesem Fall – über den Umweg der Exit-Polls – eine glatte Wählerbeeinflussung mit Wählerdaten. Das ist höchst unsauber.

Juristisch ist das alles erlaubt, sagen die Juristen. Mag sein, aber politische Correctness, die sich Bürgermeister Siegfried Nagl gern ans Revers heftet, ist etwas anderes. Es zeigt jedenfalls die praktische, politische Wertigkeit des Themas: Im Parlament, in juristischen Symposien wird der Grundwert sauberer Wahlen leidenschaftlich diskutiert. Im politischen Alltag: wurscht. (Walter Müller, 31.1.2017)