Wien – Vergangenen Herbst war eine Einigung auf ein Integrationspaket zwischen Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) und Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ) in wenigen Punkten gescheitert und zum "Zwischenbericht" verkommen, nun soll es ganz schnell gehen: Am 6. Februar soll das Integrationsgesetz vorliegen, in dem der Begriff Integration einheitlich definiert und Werte der Gesellschaftsordnung festgeschrieben werden. Ende März soll es durch den Ministerrat gehen.

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Dieses Integrationspaket sieht einen grundsätzlichen Ausbau der Deutsch- und Wertekurse vor, deren erfolgreiche Absolvierung verpflichtend ist und zu denen sich Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte im Rahmen eines Integrationsvertrags und einer Werteerklärung bekennen müssen. Bei Verstößen drohen "strenge Sanktionen".

Rechtsanspruch auf Deutschkurse

Für die Deutschkurse besteht zugleich auch ein Rechtsanspruch – und zwar, da setzte sich Duzdar offenbar gegenüber Kurz durch, auch für "Asylwerber mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit". Die Bleibewahrscheinlichkeit hänge vom Herkunftsland ab, hieß es dazu aus Duzdars Büro. Kurz setzte unter anderem mit dem Vollverschleierungsverbot in der Öffentlichkeit eine Forderung durch, gegen die sich die SPÖ bisher gesperrt hatte.

Zusätzlich kommt ein Verbot von "salafistischen Verteil- und Rekrutierungsaktionen", das sich gegen das Problem des radikalen Islamismus wendet.

"Harte Sanktion" bei Nichtbefolgung

Ein zentraler Punkt im Kapitel Integration trägt den Titel "Arbeitsmarktintegrationsgesetz", und die Klammer dahinter präzisiert die eigentliche Maßnahme: ein verpflichtendes Integrationsjahr. Der namensgebenden Pflicht haben "Asylwerber mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit, Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte" nachzukommen. Zwar ist die Minimaldauer mit zwölf Monaten angegeben, eine frühere Eingliederung am Arbeitsmarkt aber beendet das Integrationsjahr. Bei Bedarf und "je nach Qualifikationsstatus" kann es auch verlängert werden.

Asylwerber- und -berechtigte werden künftig zu einem "Arbeitstraining im Sinne einer gemeinnützigen Tätigkeit bei Zivildienstträgern" verpflichtet.
Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Dokumentiert werden die abzuarbeitenden Module in einen Integrationspass, zu ihnen zählen etwa: Kompetenzclearing, Deutschkurse, Unterstützung bei Anerkennung von Qualifikationen, Werte-, Berufsorientierungs- und Bewerbungskurse – und ein "verpflichtendes Arbeitstraining im Sinne einer gemeinnützigen Tätigkeit bei Zivildienstträgern". Wie viele Wochenstunden der letzte Punkt umfasst, ist noch nicht endgültig geklärt. Man könne sich einen Richtwert von 20 Stunden vorstellen, heißt es aus dem Büro von Minister Kurz, der die Verpflichtung zu gemeinnütziger Arbeit seit längerem gefordert hatte. Die Höhe der Aufwandsentschädigung müsse ebenso erst verhandelt werden; "Gering" lautete das Schlagwort aus dem Integrationsministerium.

Der Weigerung, an dem Programm oder einzelnen Modulen teilzunehmen, folgen "harte Sanktionen", heißt es in dem Papier: "sofortiges Durchschlagen auf sämtliche Unterstützungsleistungen", nämlich Sozialhilfe, Mindestsicherung und Arbeitslosengeld. Ein Integrationsjahr gab es schon bisher, es war jedoch freiwillig.

Dienstleistungsscheck geöffnet

Einen Anreiz für Unternehmer, Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigte nach dem Integrationsjahr zu beschäftigen, sollen erweiterte Beihilfen schaffen. Die Förderungen sollen über das Arbeitsmarktservice abgewickelt werden. Zur Finanzierung des gesamten Programms wird das Sozialministerium ermächtigt, zusätzliche passive Mittel aus dem Arbeitslosenversicherungsgesetz zu aktivieren.

Bei der Öffnung des Dienstleistungsschecks schließlich setzte sich die SPÖ gegen die bisher stets ablehnende Haltung der ÖVP durch. Asylwerber dürfen künftig – ungeachtet ihrer Bleibewahrscheinlichkeit – in privaten Haushalten mitarbeiten und dafür bis zur Geringfügigkeitsgrenze entlohnt werden.

Zufriedenheit auf beiden Seiten

Integrationsminister Kurz nannte das Arbeitsprogramm am Rande des Sonderministerrats gut, das Ergebnis in seinem Fachbereich "sogar sehr gut. Ich bin froh, dass nach einem halben Jahr Widerstand seitens der SPÖ eine Zustimmung erfolgt ist." So wie im Integrationsministerium verwies man allerdings auch bei Verhandlungspartnerin Duzdar darauf, schon im September ein umfangreiches Maßnahmenbündel vorgelegt zu haben, das nun endlich beschlossen wurde. "Wir sind mit dem Gesamtpaket zufrieden", sagte Markus Stradner, der Sprecher der Staatssekretärin für Diversität im Bundeskanzleramt, zum STANDARD. (Michael Matzenberger, Gudrun Springer, 30.1.2017)