Peter Fill gewann im Vorjahr als erster Italiener den Abfahrtsweltcup.

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Kitzbühel – Geschmeidigkeit ist eine Zier, mit der sich auch ein Streifsieger gerne schmückt. Peter Fill aus Kastelruth, wo auch die Spatzen trällern, hat 2016 die Abfahrt in Kitzbühel gewonnen und sich den Traum eines jeden Bolzers auf zwei Brettern erfüllt. "Es ist etwas sehr Spezielles", sagt der 34-Jährige, der einen leichtfüßigen Fahrstil wie sein Vorbild Lasse Kjus pflegt und dessen Lieblingsdisziplin kurioserweise der Slalom ist.

Damit es mit dem Zu-Tal-Rasen auch klappt, brauche es eine gewisse Portion Mut, man müsse es gern tun und auch ein bisserl verrückt sein, um alles zu riskieren, sagt der Italiener, der bereits seit 2002 im Weltcup mitwirkt und sich mit der Streif nur zögerlich angefreundet hat. "Beim ersten Mal habe ich mir gedacht, das ist eine Witzabfahrt, die Pistenbedingungen waren schlecht, überall waren Knollen, es gab kein Eis, es war zu einfach."

Ein Jahr später aber zeigte die Streif ihre wahre Fratze: "Da schaute ich gleich ganz anders drein", sagt Fill. "Die Piste war perfekt, es gab von oben bis unten Eis. Der Sprung bei der Mausefalle ging weit wie nie." Angst habe er in Kitzbühel trotzdem nie verspürt, "Respekt schon. Die Warnungen der Kollegen waren Motivation."

Brutal glücklich

Für respektable Platzierungen auf der Streif reichte es aber dennoch lange Zeit nicht, wie die Ränge 47, 38 und 28 in den Jahren 2003, 2004 und 2006 belegen. "Mein Problem war, dass ich ein schlechter Gleiter war, das habe ich erst mit der Zeit gelernt. Vielleicht gibt mir auch die seelische Zufriedenheit durch Heirat, Hausbau und die zwei Kinder, was mich alles brutal glücklich macht, die Lockerheit, dass ich jetzt auch im Flachen schnell sein kann."

Fill, der neben Kitzbühel auch 2008 die Abfahrt in Lake Louise, 2009 bei der WM in Val d'Isère Silber im Super-G und 2011 in Garmisch Bronze in der Superkombi gewann, weiß, wie man siegt: "Wichtig ist Courage, dass man entschlossen startet, die eingeprägte Linie von oben bis unten durchzieht." Er weiß aber auch, wie man verliert: "Manchmal erwischt man einen Schlag, ist einen halben Meter weg von der Linie und alles ist verhaut."

Fill bestreitet seine 15. Saison, vergangenes Jahr hat er als erster Italiener den Abfahrtsweltcup gewonnen. "Ein Riesentraum, darauf habe ich lange hingearbeitet." Er sagt, für ihn wäre es unmöglich gewesen, die kleine Kristallkugel zu holen, wenn sich Aksel Lund Svindal nicht verletzt hätte. "Er ist ein Ausnahmetalent."

Gedanken an die große Kristallkugel verschwendet Fill nicht. "In Italien ist es unmöglich, Gesamtweltcupsieger zu werden, wir haben viel zu wenig Geld dafür." Ein Vergleich mit österreichischen Verhältnissen spricht Bände: "Unser gesamter Trainerstab ist gleich groß wie der von Marcel Hirscher allein. Die Österreicher haben Geld ohne Ende."

Fills Erfolge sind auch den Tifosi nicht entgangen. "Die Begeisterung für den Skisport ist gewachsen. Aber man muss immer wieder nachlegen, weil die Fans von Valentino Rossi, von Alberto Tomba verwöhnt sind." Für Sportler gibt es Durststrecken. "Aber ich habe immer an mich geglaubt. Der Sport lehrt dich, dass man ein Ziel haben, kämpfen muss, nie aufgeben darf."

Der Fan von Juventus Turin trainiert im Gegensatz zu Hirscher lieber mit Kollegen und schätzt die Atmosphäre im Team. "Wir haben Spaß, es ist familiär. Und bei uns gibt es ein Leben abseits vom Skisport auch noch." Bei seinem Onkel hat das Mitglied der Carabinieri-Sportgruppe, die Spitzenathleten unterstützt, zwei Jahre Karosseriespengler gelernt. Für den Abschluss der Ausbildung blieb keine Zeit, der Skisport hatte Vorrang. "Ich hatte eine Beschäftigung, um mich von Gedanken an jugendlichen Blödsinn abzulenken, konnte aber immer Skifahren gehen."

Striedinger verletzt

Eine Gelegenheit dazu gab es am Mittwoch bei Kaiserwetter in Kitzbühel. Schnellster der ersten Übungsfahrt für die klassische Abfahrt am Samstag (11.30 Uhr) war Steven Nyman aus den USA in 1:57.25 Minuten. Vincent Kriechmayr wurde auf knackiger Piste vor Matthias Mayer als bester Österreicher Vierter. Otmar Striedinger stürzte bei der Steilhangausfahrt, er erlitt einen Nasenbeinbruch und eine Schnittwunde am Oberschenkel. Fill ging es als 16. geschmeidig an. (Thomas Hirner aus Kitzbühel, 18.1.2017)