Gute Laune bei der Präsentation: Johanna Mikl-Leitner folgt Erwin Pröll nach.

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St. Pölten – Diesmal blieb die Überraschung aus: Neun Monate nachdem Erwin Pröll seine politische Ziehtochter aus der Bundesregierung in die Heimat zurückgeholt hat, setzt der niederösterreichische Landeshauptmann Johanna Mikl-Leitner offiziell als seine Nachfolgerin ein. An einem "zweifelsohne historischen Tag", sagte Pröll bei einer Pressekonferenz in St. Pölten, habe der Vorstand der niederösterreichischen ÖVP die derzeitige Finanzlandesrätin als Kandidatin für die Parteiobmannschaft auf dem Parteitag am 25. März vorgeschlagen.

Wann genau die offizielle Wahl zur Landeshauptfrau stattfinden wird, ist noch nicht gesichert; denkbar sei eine eigens dafür einberufene Sondersitzung des Landtags im April, sagte Pröll. Dann würde Johanna Mikl-Leitner zur ersten Landeshauptfrau Niederösterreichs gewählt – und zur ersten Frau an der Spitze einer Landesregierung in Österreich seit dem Rücktritt der Salzburger Landeschefin Gabi Burgstaller (SPÖ) im Jahr 2013. Mikl-Leitner wird nach Burgstaller und der Steirerin Waltraud Klasnic (ÖVP) Österreichs dritte Landeshauptfrau – nach 70 Landeshauptmännern.

Die Latte liegt hoch

Direkt vor der Sitzung des Landesparteivorstands hatten sich schon die ÖVP-Landesräte Barbara Schwarz und Karl Wilfing für "die Hanni" ausgesprochen, ohne der Entscheidung der Landespartei vorgreifen zu wollen. Mit der am Montag kundgetanen Unterstützung durch Innenminister Wolfgang Sobotka hatte Mikl-Leitner auch den Segen ihres bis vor einem Jahr gewichtigsten Kontrahenten. Agrarlandesrat Stephan Pernkopf hätte Pröll zwar ebenfalls gerne beerbt, musste sich aber schon nach Prölls Rücktritt am Dienstag geschlagen geben.

Mikl-Leitner drückte "ganz großen Respekt vor den Leistungen unseres Landeshauptmanns" und "Demut" angesichts der Nachfolgeregelung der Partei aus.

Angesichts unerreichter Wahlergebnisse in anderen Bundesländern – Niederösterreich wird von der ÖVP als letztes Bundesland mit absoluter Mehrheit regiert – ist die Herausforderung für die künftige Landeshauptfrau groß. "Wer Erwin Pröll nachfolgt, muss natürlich in große Fußstapfen treten", sagte Mikl-Leitner – sie habe aber "das politische Handwerkszeug von Erwin Pröll gelernt". Pröll witzelte, dass seine Füße mit Schuhgröße 42 gar nicht so groß seien, und äußerte Zuversicht, dass Mikl-Leitner in die neue Aufgabe hineinwachsen werde.

Ungeklärte Nachfolge

Vorerst unbeantwortet blieb die Frage nach der Nachfolge der baldigen Landeshauptfrau: Sobald Pröll aus der Landesregierung ausscheidet und Mikl-Leitner nachrückt, wird das Finanzressort frei. Dazu werde man in den kommenden "Tagen und Wochen Gespräche führen", sagte Mikl-Leitner. Gerüchte, der ehemalige ORF-Finanzdirektor Richard Grasl könnte das Amt übernehmen, dementierte dieser am Mittwoch auf STANDARD-Anfrage entschieden: Das sei "kein Thema".

Matthias Stadler, Bürgermeister St. Pöltens und als Chef der Landes-SPÖ bekannt für sein gutes Verhältnis zu Erwin Pröll, reagierte zurückhaltend auf die Weichenstellung für Mikl-Leitner als Landeshauptfrau. Man werde sie "daran messen, wie die Qualität einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe funktioniert", und warte "mit Spannung auf die erste Kontaktaufnahme durch Johanna Mikl-Leitner".

Opposition skeptisch

Skepsis auch bei den Grünen: Man nehme die Personalentscheidung zur Kenntnis und hoffe auf gute Zusammenarbeit. "Es gibt einige Angelegenheiten, die der Aufklärung harren", sagt Klubobfrau Helga Krismer. Sie hat zuletzt der gesamten Landesregierung "Gesetzesbruch" vorgeworfen, nachdem bekannt geworden war, dass diese – unter dem Mantel der Amtsverschwiegenheit – jahrelang Förderungen an Erwin Prölls Privatstiftung bewilligt hat.

Offen feindselig zeigt sich die Landes-FPÖ: Mikl-Leitner werde bei den Freiheitlichen "einen schweren Stand haben", da sie "die Innenministerin der geduldeten Massenzuwanderung war". Ob Mikl-Leitner bei der Wahl zur Landeshauptfrau mit blauen Stimmen rechnen kann, hängt davon ab, ob und welche Gespräche bis dahin zwischen ihr und der FPÖ stattfinden werden. Ernest Gabmann, Klubobmann des Team-Stronach-Derivats Team NÖ, lobt Mikl-Leitner als "offene, moderne und pflichtbewusste Niederösterreicherin". (Sebastian Fellner, 18.1.2017)