Wer bei der Altersvorsorge auf Garantien setzt, bekommt am Ende weniger Geld auf die Hand.

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Wien – Wer bei der Altersvorsorge auf Anlagen mit Kapitalgarantie setzt, lässt sich derzeit viel Geld durch die Lappen gehen. Das Problem: Viele Anleger sind sich dessen nicht bewusst, weil die Transparenz am Markt fehlt. Das sagt Olaf Stotz. Er ist Professor für Asset-Management an der Frankfurt School of Finance & Management und hat sich auf Altersvorsorge spezialisiert. In einer Studie hat er die versteckten Kosten ausgerechnet, die Garantien mit sich bringen. Seine Empfehlung: Finger weg von solchen Produkten.

Versteckte Kosten

Bei der Altersvorsorge geht es darum, Geld von heute in die Zukunft zu transferieren. Garantien geben da Sicherheit. Der Anleger kann sich darauf verlassen, am Ende der Laufzeit zumindest keine Verluste einstecken zu müssen. Diese Sicherheit hat aber einen Preis, und den kennen die wenigsten, sagt Stotz. "Das Problem, was Garantien bei Finanzanlagen betrifft, ist, dass sie kein Preisschild haben. Von den Beratern wird das im Verkauf natürlich nicht erwähnt, sondern nur das Positive in den Vordergrund gerückt."

Vergleichen lohnt sich

Es zahlt sich aber aus, genauer hinzuschauen. Die aktuell sehr niedrigen Zinsen führen dazu, dass die Garantiekosten massiv steigen. Stotz rechnet vor: Wenn ich in 30 Jahren 100 Euro haben will, muss ich bei einem Zinsniveau von fünf Prozent 23 Euro auf den Tisch legen. Wenn die Zinsen aber bei nur einem Prozent stehen, so wie es derzeit der Fall ist, muss ich 74 Euro anlegen. In diesem Niedrigzinsumfeld vergleicht Stotz zwei Sparpläne.

Sparplan 1 – die Variante mit Garantie: Hier werden die 74 Euro in eine Pensionsanlage mit Garantie gesteckt. Das sichert mir am Ende der Laufzeit 100 Euro. Bleiben 26 Euro, mit denen ich auf den Aktienmarkt gehen kann. Diese Investition wirft nach 30 Jahren im Mittel 300 Euro ab. Bei Sparplan 1 kann ich nach 30 Jahren also mit insgesamt 400 Euro rechnen.

Sparplan 2 – die Variante ohne Garantie: Ich trage die 100 Euro zur Gänze auf den Aktienmarkt. Nach 30 Jahren springen dabei im Mittel 1.200 Euro heraus.

Die Garantiekosten sind nun jener Betrag, der dem Anleger entgeht, wenn er sich für die Variante mit Garantie entscheidet. In diesem einfachen Beispiel sind das 800 Euro. Wird eine höhere Summe investiert, bleibt natürlich auch mehr Geld liegen. Bei einer Investition von 100.000 Euro entgehen dem Anleger nach 15 Jahren 150.000 Euro, wenn er auf einen Sparplan mit Garantie setzt, sagt Stotz.

Risikoscheue Österreicher

Zahlt es sich aus, die sichere Variante zu wählen, dafür aber auf eine hohe Rendite zu verzichten? Das kommt ganz auf die Bedürfnisse des Anlegers an, sagt Stotz. Für ihn ist das Preis-Leistungs-Verhältnis von Garantien derzeit aber sehr schlecht. Außerdem sei es bei langen Laufzeiten, wie sie für die Altersvorsorge typisch sind, sehr unwahrscheinlich, dass der Garantiefall überhaupt eintritt.

Dennoch ist bei den Österreichern das Gefühl sehr stark, bei Anlagealternativen ein hohes Risiko einzugehen. Das zeigt eine neue Umfrage der Ing-Diba. Ihr zufolge glauben 68 Prozent der Österreicher, dass mit dem Kauf von Unternehmensaktien ein hohes finanzielles Risiko verbunden ist. "Die Österreicher sind sehr sicherheitsbewusst und sparen trotz der Niedrigzinsen noch immer fleißig", sagt Luc Truyens, Chef der Ing-Diba Austria. In kaum einem anderen Land sei die Scheu vor alternativen Anlagen so groß.

Aktien als Alternative

Olaf Stotz hält Aktien für eine gute Alternative zur Altersvorsorge. "Die Leute haben eine falsche Risikoeinschätzung. Sie wollen Garantien, weil ihnen in der Vergangenheit eingetrichtert wurde, dass Aktien riskant seien. Kurzfristig sind sie das natürlich. Aber auf lange Sicht nimmt das Risiko massiv ab."

Garantien in der Geldanlage sind durch die aktuell niedrigen Zinsen sehr teuer geworden. Anleger sollten sich deshalb gut überlegen, ob eine Altersvorsorge mit Kapitalgarantie für sie Sinn macht, rät Stotz.

(Philipp Bauer, 18.1.2017)