New York – Die meisten Führungskräfte der Deutschen Bank gehen in diesem Jahr bei der Verteilung der Boni laut Unternehmenskreisen ebenso leer aus wie der Vorstand. Banker mit den Positionen Vice President, Director und Managing Director erhielten in diesem Jahr keine individuellen Bonuszahlungen, sagten Banker, die an Informationsveranstaltungen am Mittwoch dazu teilgenommen haben.

Nur pauschale Sonderzahlungen, die von den Geschäftszahlen der Bank und einzelner Sparten abhingen, würden ausbezahlt. Darüber hinaus sollen einzelne, für die Deutsche Bank besonders wichtige Mitarbeiter finanzielle Anreize erhalten, etwa in Form von Aktien, die aber erst nach mehreren Jahren tatsächlich verteilt werden. Der Vorstand der Bank habe auf seine Boni für 2016 ganz verzichtet, sagten die Banker.

Altlasten beseitigt

In den USA kann die Deutsche Bank dagegen eine ihrer größten Altlasten zu den Akten legen: Der mit Spannung erwartete Vergleich mit den US-Behörden über unsaubere Geschäfte auf dem amerikanischen Immobilienmarkt ist unter Dach und Fach. Das US-Justizministerium bestätigte am Dienstagabend die Einigung, die Deutschlands größtes Geldhaus insgesamt 7,2 Milliarden Dollar (6,8 Milliarden Euro) kostet.

Nach offiziellen Angaben ist es die höchste Strafe, die in der Sache je gegen eine einzelne Bank verhängt worden ist – und viele große Investmentbanken mussten bereits zahlen. Die Kritik an den Frankfurtern fiel vernichtend aus: "Die Deutsche Bank hat nicht nur Investoren getäuscht", erklärte Justizministerin Loretta Lynch. "Sie hat direkt zu einer internationalen Finanzkrise beigetragen."

Für Vorstandschef John Cryan ist das Verhandlungsergebnis dennoch eine Erleichterung, war zunächst doch eine Strafe von 14 Milliarden Dollar im Raum gestanden. Als die Zahl im Herbst durchsickerte, sorgte das vorübergehend für einen regelrechten Absturz der Deutschen Bank an der Börse. Denn viele Anleger befürchteten, eine solche Summe könne das Institut mit seiner vergleichsweise dünnen Kapitaldecke überfordern und gar eine Rettung durch den Staat nötig machen. Kunden zogen Gelder im Milliardenvolumen ab. Dass die Deutsche Bank im Hypothekenstreit am Ende deutlich billiger davonkommt, wurde bereits kurz vor Weihnachten bekannt, als das Geldhaus die Grundsatzeinigung mit den US-Behörden bekanntgegeben hatte.

Doch in Schriftform gegossen wurde die Abmachung erst jetzt, wenige Tage vor dem Präsidentenwechsel in den USA – garniert mit zahlreichen Details zum zweifelhaften Geschäftsgebaren der Frankfurter auf dem einst so lukrativen US-Immobilienmarkt: Demnach kaufte die Deutsche Bank dort vor der Finanzkrise im großen Stil faule Hypotheken auf, bündelte diese in hochkomplexe Wertpapiere und verkaufte sie an Anleger auf der ganzen Welt. Als die Bonds mit dem Einbruch auf dem Häusermarkt 2007 auf einen Schlag wertlos wurden, verloren viele Investoren Geld und fühlten sich getäuscht.

Wetten auf den großen Crash

Das Brisante dabei: Während die Deutsche Bank die Papiere nach außen als sicheres Investment verkaufte, wettete sie intern längst auf den großen Crash, wie 2011 schon aus einem vernichtenden Untersuchungsbericht des US-Senats hervorgegangen war. Hollywood inspirierte das später zum Zockerfilm "The Big Short".

Vorstandschef Cryan, im Sommer 2015 mit dem Versprechen angetreten, in der Bank konsequent auszumisten, zog sich nun das Büßerhemd an: "Unser Verhalten in dieser Angelegenheit in den Jahren 2005 bis 2007 entspricht nicht unseren Standards und ist nicht akzeptabel", erklärte der Brite. "Wir entschuldigen uns uneingeschränkt dafür. Wir haben uns inzwischen aus vielen der betroffenen Geschäfte zurückgezogen und unsere Standards umfassend verbessert."

Die unmittelbare Geldstrafe beträgt 3,1 Milliarden Dollar. Der große Rest entfällt auf finanzielle Zugeständnisse an Kunden in den USA in den nächsten fünf Jahren. Wie genau das passieren soll, dazu hüllt sich die Bank in Schweigen. In ähnlichen Fällen bei Konkurrenten schlugen derartige Vergünstigungen nur zu etwa 20 Prozent auf die Bilanz durch, die tatsächliche Belastung dürfte sich also in Grenzen halten.

Mit der Credit Suisse hatte sich das US-Justizministerium ebenfalls kurz vor Weihnachten auf 5,3 Milliarden Dollar geeinigt, davon 2,5 Milliarden in bar. Zum Stand der Dinge mit den Schweizern äußerte sich Loretta Lynch am Dienstag zunächst nicht. Die parallel geführten Verhandlungen mit der britischen Bank Barclays waren dagegen Ende 2016 geplatzt. Der Streit geht nun wohl vor Gericht.

Die Deutsche Bank kann die Strafe nach Einschätzung der meisten Analysten ohne Kapitalerhöhung bewältigen. Doch schwelen nach wie vor noch andere große Rechtsstreitigkeiten, etwa der Geldwäscheskandal in Russland. Auch hier ermitteln die US-Behörden an vorderster Front.

Die Aufarbeitung dieser Affäre bindet intern ebenfalls viele Ressourcen, wie Insider berichten. Dabei würde sich Cryan gerne wieder verstärkt strategischen Themen widmen. Denn einige mächtige Großinvestoren scharren mit den Hufen – sie wünschen sich abermals eine Überarbeitung des Geschäftsmodells. Hier werden im Frühjahr, spätestens zur Hauptversammlung im Mai, Korrekturen erwartet. Dabei geht es laut Finanzkreisen vor allem um die Zukunft der Postbank, die sich als unverkäuflich erweist, und um weitere Einschnitte im Investmentbanking. (APA, Reuters, 18.1.2017)