David Gevorkian (li.) hinter der Budel und Serge Bensa am Ofen sind die Pizzabrüder in der Zollergasse.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die klassische "Bufalina" mit Paradeissauce, Bufala-Mozzarella, Basilikum-Pesto und Pecorino.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Der Pizza-Hype ist in Wien noch lang nicht ausgebacken, alle Monate macht eine neue, mehr oder minder hippe Teigschleuderer-Nummer auf. Der jüngste Neuzugang hat jetzt ums Eck von der Mariahilfer Straße auf der Zollergasse eröffnet. Nennt sich Bros. Pizza, ist ein Takeaway-Lokal mit knapp acht Hockerplätzen, bietet, so die Selbstbeschreibung, "Wiener Pizza". Und die kann etwas.

Wer jetzt auf Pizza mit Würstel und Gulaschsaft oder Selchspeck und Liptauer spitzt, hat sich zu früh gefürchtet. Das Wienerische an der Pizza bezieht sich in erster Linie auf die wilde Sauerteigkultur aus Wien, die den Teig antreibt. Im Gegensatz zu den hierorts bislang gepflogenen Fladenvarianten kommt den Pizzabrüdern Serge Bensa und David Gevorkian kein Germ in den Fladen – nur Roggensauerteig. Das hat hier noch keiner versucht, schon gar nicht nach römischer Pizza-Philosophie, wonach die Pizzaböden nicht weich und elastisch (also neapolitanisch) werden sollen, sondern möglichst knusprig.

Kultspiel am Röhrenfernseher

Im Bros. Pizza gibt es ein extrabreites Fensterbrett, an dem man sitzen kann, außerdem ein schmales Wandbord und einen kleinen Tisch, der aber hauptsächlich einem alten Röhrenfernseher Platz bietet, auf dem eine antiquarische Super-Mario-Bros.-Version aus den frühen 90ern gespielt werden kann. War ursprünglich als Zeitvertreib für Takeaway-Kundschaft gedacht, ist aber prompt Kult geworden – wer hier einen Platz findet, hat echt Glück.

Das Spiel haben Serge Bensa und sein Kompagnon David Gevorkian schon als Schulfreunde gespielt. Auch die Vintage-Rap- und Soulnummern aus dem Lautsprecher kommen eindeutig aus den 1990ern. Deko im herkömmlichen Sinn bietet das schmale Lokal keine, wenn man von ein paar Einmachgläsern mit Gewürzölen, zwei Kühlschränken mit Hipsterlimos, Craft Beer und ein wenig Wein sowie Bergen an Pizzakartons absieht. Sie bieten Platz für die verhältnismäßig kleinen, dafür aber großzügig belegten 22-cm-Pizzen, die allesamt um 6,50 Euro zu haben sind. Im Februar soll eine "Family"-Variante mit 50 Zentimetern Durchmesser dazukommen, für die haben Bensa und Gevorkian extra einen Karton in Brooklyn bestellt, der sich in vier tablettähnliche Unterlagen teilen lässt.

Copacabana

Und die Pizza? Kommt aus dem E-Ofen mit 500 Grad, wird von Bensa – der gelernter Koch ist, schon im Shiki zugange war, aber auch an der Copacabana ein Lokal hochgekocht hat – in einer komplett einsehbaren Küche belegt. Es gibt nicht mehr als acht Varianten, dezidiert üppig belegt. "Schwammerl" zum Beispiel mit Taleggio, würzig sautierten Austernpilzen und Champignons, Paradeissauce und ein paar Tropfen von sehr bemerkenswertem Balsamico – alles andere als fad. Oder "Atomica" mit scharfer Chorizo, geschmorten Zwiebeln, Mozzarella und einer ebenfalls speziellen Hot Sauce, die ordentlich anraucht.

Italoide Authentizitätsfantasien sind für die Pizzabrüder offensichtlich kein Thema – gute, vor Ort verfeinerte Produkte in klugen Kombinationen dafür umso mehr. Das lässt sich bei der "Cinque Formaggi" mit Sauerrahm, viel Taleggio, Gorgonzola, Ziegenkäse und Fior di latte ebenso nachprüfen wie bei der vergleichsweise klassischen "Bufalina" mit Paradeissauce, Bufala-Mozzarella, Basilikum-Pesto und Pecorino (siehe Bild). Sonntags gibt es ein spezielles Katerkiller-Programm, bei der die Pizza nach Wunsch mit einem Spiegelei vollendet wird. Dazu gibt es frisch gemixte Bloody Marys und Kannenkaffee von den Kaffemik-Hipstern vis-à-vis – klingt so, als ob man sich bald einmal einen antrinken sollte! (Severin Corti, RONDO, 20.1.2017)

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