Nanopartikel, wie sie etwa bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern entstehen, können schlafende Viren wecken. Das konnten Forscher in einer Studie nachweisen.

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München – Bei der "latenten Infektion" verbergen sich Viren in Zellen ihres Wirtes und verharren dort. Wird das Immunsystem geschwächt oder ändern sich bestimmte Bedingungen, werden die Viren wieder aktiv, beginnen sich zu vermehren und zerstören die Wirtszelle.

Wissenschaftler vom Helmholtz Zentrum München (HZM), konnten nun beobachten, dass auch Nanopartikel diesen Prozess auslösen können. "Aus vorangegangenen Modellstudien wussten wir bereits, dass das Einatmen von Nanopartikeln eine entzündliche Wirkung hat und das Immunsystem verändert", sagt Studienleiter Tobias Stöger vom Institut für Lungenbiologie des HZM.

Herpes- und Epstein-Barr-Viren aktivieren

Gemeinsam mit seinen Kollegen Heiko Adler und Philippe Schmitt-Kopplin konnte er nun zeigen, dass "eine Exposition mit Nanopartikeln in der Lunge latente Herpesviren reaktivieren kann." Konkret testeten die Wissenschafter den Einfluss von Nanopartikeln, wie sie typischerweise bei der Verbrennung von fossilen Energieträgern entstehen, in einem Versuchsmodell für eine bestimmte Herpesvirusinfektion. Dabei konnten sie einen deutlichen Anstieg viraler Proteine nachweisen, die nur bei aktiver Virusvermehrung produziert werden.

"Auch Stoffwechsel- und Genexpressionsanalysen ergaben Muster wie bei einer akuten Infektion", so Philippe Schmitt-Kopplin. Weitere Experimente mit menschlichen Zellen belegten zudem, dass auch Epstein-Barr-Viren bei einem Kontakt mit den Nanopartikeln "geweckt" werden.

In weiteren Studien möchten die Forscher nun prüfen, ob sich die Ergebnisse auch auf den Menschen übertragen lassen. Denn: "Viele Menschen tragen Herpesviren in sich. Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose sind dabei besonders betroffen", erklärt Heiko Adler. "Wenn sich die Ergebnisse beim Menschen bestätigen, wäre es wichtig, den molekularen Ablauf der Reaktivierung von latenten Herpesviren durch Partikelinhalation zu ergründen. Dann könnte man versuchen, diesen Wirkungsweg auch therapeutisch zu beeinflussen. Zudem möchten wir in Langzeitstudien prüfen, inwieweit eine wiederholte Partikelexposition mit entsprechender Virus-Reaktivierung zu chronischen Entzündungs- und Umbauprozessen in der Lunge führen kann", ergänzt Tobias Stöger. (red, 17.1.2017)