Unter erheblichem Sicherheitsaufwand kommen in Davos auch heuer wieder Politiker, Wirtschaftskapitäne und Wissenschaftler zusammen.

Foto: APA/KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER

Das alljährliche Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos zu Jahresbeginn gilt als Seismograf für den Zustand der Weltwirtschaft. Die Lage wird generell als stabiler eingeschätzt, aber es gibt genügend Unsicherheitsfaktoren, die bis Samstag Diskussionsstoff für die rund 3.000 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft bieten.

Vor allem die Frage, was Donald Trump als US-Präsident wirklich machen wird, ob er Schutzzölle einführen und Handelsverträge kündigen wird, treibt viele um. Einschätzungen dazu werden unter anderem von Anthony Scaramucci aus Trumps Übergangsteam sowie dem scheidenden US-Vizepräsidenten Joe Biden erwartet. Das Thema Brexit wird ebenfalls eine zentrale Rolle spielen, Premierminister Teresa May wird am Donnerstag Rede und Antwort stehen.

Mögliche Annäherung zu China

Die Eröffnungsrede am Dienstag hält Xi Jinping. Es ist das erste Mal, dass ein chinesischer Präsident an dem Gipfeltreffen in den Schweizer Bergen, das heuer zum 47. Mal stattfindet, teilnimmt. In einem Gastbeitrag für die "Neue Zürcher Zeitung" kündigte er an, dass China als riesiger Markt das Wachstum der Weltwirtschaft weiter unterstützen werde. "Wir treffen uns in einer Zeit der Angst über die Perspektiven der Weltwirtschaft, wachsender Gegenreaktionen gegen die wirtschaftliche Globalisierung sowie steigendem Populismus und Handelsprotektionismus", schreibt Xi Jinping. Es könnte in Davos zu einem Treffen zwischen der chinesischen Delegation und Trump-Abgesandten kommen, nachdem es zuletzt Irritationen über Trumps Kritik an China gegeben hat.

Österreichische Politiker haben sich in den vergangenen Jahren nur selten in Davos gezeigt, diesmal reisen für jeweils zwei Tage Kanzler und Außenminister an. Christian Kern tritt am Mittwoch bei einer Diskussion zum Thema "Demokratie stärken" auf und nimmt an einem Workshop zum Thema Arbeit teil. Außerdem sind Treffen unter anderem mit Managern aus der Digitalwirtschaft und bilaterale Gespräche, darunter mit IWF-Chefin Christine Lagarde und dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte, geplant. Außenminister Sebastian Kurz wird am Freitag bei einem Mittagsgespräch über Europas Nachbarn im Osten teilnehmen.

Ungleichheit im Zentrum

Das Motto des diesjährigen Treffens lautet "anpassungsfähige und verantwortungsvolle Führung". Im Mittelpunkt steht aber stärker das Thema, wie mehr gegen die wachsende Ungleichheit getan werden kann. Neben der Studie, die das WEF selbst zum Thema bereits präsentiert hat, veröffentlichte die britische Entwicklungshilfeorganisation Oxfam pünktlich zum Start des Treffens ihren Bericht. Demnach verfügen acht Männer zusammen über ein größeres Vermögen als die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung. Die acht Männer sind Bill Gates (Microsoft), Amancio Ortega (Zara), Warren Buffett (US-Investor), Carlos Slim (América Móvil), Jeff Bezos (Amazon), Mark Zuckerberg (Facebook), Larry Elison (Oracle) und Michael Bloomberg (Medieneigner), die zusammen auf ein Gesamtvermögen von 426 Milliarden Dollar kommen. Jenes der ärmeren Hälfte der Menschheit wird in der Studie mit 409 Milliarden Dollar angegeben.

Das Weltwirtschaftsforum selbst regt ein neues Modell für Wirtschaftswachstum an mit der Prämisse, dass Wachstum und Reduktion der Ungleichheit Hand in Hand gehen müssten. Dafür sei eine alternative Messmethode für nationale Wirtschaftsleistungen nötig, heißt es im Bericht "The Inclusive Growth and Development Report 2017". Statt des Bruttoinlandprodukts (BIP) soll der Inclusive Development Index (IDI) berücksichtigt werden. Das BIP errechnet sich anhand der im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen, soweit diese nicht als Vorleistungen für die Produktion anderer Waren und Dienstleistungen verwendet werden. Der IDI berechnet auch Erwerbstätigkeit und Produktivität sowie gesunde Lebenserwartung mit ein. (Alexandra Föderl-Schmid aus Davos, 16.1.2017)