Auf der Karte werden angebliche Straftaten von "Ausländern" aufgeführt – doch nicht immer ist klar, ob der Täter nicht bloß "südländisch aussieht".

Foto: Screenshot/Google Maps

Immer wieder wurde Medien und Politikern im Zuge der Flüchtlingsdebatte vorgeworfen, sogenannte "Ausländerkriminalität" zu verschweigen. Die "Einzelfall-Map" wurde gegründet, um mehr Transparenz in dieses Thema zu bringen. "Kein Generalverdacht, aber die vielen Probleme müssen auf den Tisch", schreiben die Betreiber der Seite auf Facebook. Sie durchforsten Polizeimeldungen nach Beschreibungen ausländischer Täter und posten diese dann auf einer Google Map. Das Projekt soll quasi ein Gegenpol zur renommierten Hoax-Map sein, die widerlegte Falschmeldungen über Flüchtlinge sammelt.

Rechte Portale begeistert

Auch die "Einzelfall-Map" wird gelobt und empfohlen – beispielsweise von Sputnik, dem verschwörungstheoretisch angehauchten und politisch sehr rechten Kopp-Verlag sowie der AfD. Auch das FPÖ-nahe Portal "unzensuriert.at" berichtete über die Karte und schrieb: "Während sich allerdings gutmenschliche Willkommen-Rufer noch in Beschwichtigungsmanier üben, werden solche Vorfälle immer häufiger."

Foto: Faksimilie/unzensuriert.at

Allerdings soll die Zusammenstellung von Straftaten, die angeblich von Ausländern begangen wurden, alles andere als sauber recherchiert sein – abgesehen davon, dass schon die Entscheidung der Betreiber fragwürdig ist, Spanier, Italiener, Niederländer oder Briten im Gegensatz zu Personen aus anderen EU-Mitgliedstaaten wie Rumänien nicht als "Ausländer" mitzuzählen.

"Unsauber und tendenziös"

Das Portal "Übermedien" hat 600 zufällig ausgewählte Fälle der Karte überprüft und schreibt von einer "tendenziös kuratierten, unsauber recherchierten und auf bloße Masse abzielenden Sammlung von Verdächtigungen gegen Menschen, die nicht aussehen wie Holger Badstuber". Die Map orientiert sich daran, ob Personen "ausländisch aussehen" – das schließt aber sowohl Personen mit ein, die in Deutschland geboren sind, als auch jene, die gerade eingereist sind. Gezählt werden außerdem auch kleinere Delikte wie Beschimpfungen oder Schwarzfahren, wodurch die Anzahl an Straftaten um einiges bedrohlicher wirkt.

"Dunkler Teint"

Beispielsweise wurde ein Verdächtiger, der von der Polizei als "Mann mit dunklem Teint" beschrieben wird, automatisch als Ausländer gezählt. Ein anderer Verdächtiger mit "südländischer Erscheinung" entpuppte sich nach Recherche von "Übermedien" als "gebürtiger deutscher Staatsangehöriger mit italienischen Wurzeln". Die Methodik der Einzelfall-Map ist also mehr als fragwürdig.

Die Resultate von "Übermedien" kann DER STANDARD auch auf Österreich übertragen. So heißt es in einer Meldung nur, dass sieben "vermutlich türkischstämmige" Räuber in Innsbruck tätig waren oder dass ein laut Opferaussage "vermutlich ausländischer Täter" sie begrapscht habe. Eine Meldung über einen Vorfall in einem Flüchtlingsheim in Spittal an der Drau wird doppelt geführt.

Meldungen widerlegt

Ein weiteres Problem ist, dass die Karte von Polizeimeldungen ausgeht. Diese stehen jedoch erst am Beginn juristischer Verfahren. Derartige Meldungen beruhen auf Berichten der Opfer, Beweise fehlen meistens. Es würde viel mehr Sinn ergeben, hier auf Gerichtsurteile zurückzugreifen. So wurden mehrere Polizeiberichte, die auf der Einzelfall-Map angeführt werden, mittlerweile als falsche Opferaussage widerlegt. Gegenüber "Übermedien" weigerten sich die Macher der Seite jedoch, auf die Kritikpunkte einzugehen. (fsc, 18.1.2017)