Michael Häupl muss seine Regierung umbauen.

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Wer sich in den vergangenen Wochen mit Sonja Wehsely unterhalten hat, konnte erkennen, dass sie den Lagerkampf in der Wiener SPÖ, der sich rund um ihre Person abspielte, immer schlechter aushielt. Insofern scheint es schlüssig, dass sie nun selbst den Schritt aus der Politik gesetzt hat. Genauso plausibel ist aber, dass die Sache zwischen ihr und Bürgermeister Michael Häupl besprochen war, um einen Abgang in Ehren zu ermöglichen. Jedenfalls hat dieser Schritt eine Blockade aufgelöst, die seit Jahren das Hauptproblem der mächtigen Wiener SPÖ und damit auch der Stadtregierung war.

Seit ewigen Zeiten ist das politische Personal in Wien im Wesentlichen das gleiche, es gibt kaum junge Gesichter – und auch kaum frische politische Ideen und Ansätze. Die Stadt ist gut verwaltet, das gilt immer noch und immer mehr seit der weltweiten Finanzkrise. Gleichzeitig hat es die Wiener SPÖ verstanden, sich über jede Idee, jede Initiative von außen drüberzustülpen und sie entweder umzubringen oder als ihre eigene zu verkaufen. Das hat über die Jahre zu einem allgemeinen Gefühl der Lähmung und Erstarrung geführt; zudem hat man in Wien mitunter den Eindruck, dass sich die Regierungspartei vor ihren eigenen Wählern fürchtet. Wohl hat man sich nach Kräften bemüht, die soziale Absicherung von Menschen mit geringem Einkommen zu stärken, Migranten zu integrieren und Flüchtlingen zu helfen. Man hat dabei nur vergessen, sich auch mit den Befindlichkeiten und Ressentiments der Wiener Wähler und der eigenen Klientel auseinanderzusetzen.

Auf diesem Boden schwärt Unzufriedenheit gut, zumal in jenen Bezirken, wo vermeintliche SPÖ-Kaiser selbst zu schwach sind, den Zulauf zur FPÖ zu stoppen. Mit der Wirklichkeit hat die Klage der großen Bezirke, im Rathaus zu wenig mitbestimmen zu können, freilich wenig zu tun. Schaut man sich an, wer wo in welchen Gremien sitzt, sind "Caffè-Latte-Fraktion" und "FPÖ-Freunde" in der Wiener SPÖ etwa gleichauf. Dass jene, die Medien mit Empörungsmeldungen füttern, in den Gremien kaum den Mund für Kritik aufmachen, ist eine andere Geschichte – und nicht nur ein Problem der SPÖ.

Nachfolgekandidaten verbraucht

Dass sich Häupl selbst aus dem Spiel nimmt, ist eher unwahrscheinlich. Er hat die Dinge über die Jahrzehnte laufen lassen, viele Nachfolgekandidaten sind inzwischen verbraucht oder nicht mehr Bürgermeister-kompatibel. Nun bleibt er als einzige Integrationsfigur zurück, die verhindern kann, dass alles auseinanderbricht.

Einerseits muss er nun die Stadtregierung so umbauen, dass sich keines der Lager unterlegen fühlt. Zudem wird er es nicht nur Kanzler Christian Kern überlassen können, die Gegensätze in der SPÖ – linksliberal versus FPÖ-affin – zu vereinen. Denn es geht aus SPÖ-Sicht vor allem darum, Kern die weitere Kanzlerschaft zu sichern – und das funktioniert nur, wenn man in Wien Wahlen gewinnt. Darüber hinaus muss Häupl ab sofort einen Nachfolger aufbauen, der auch in seinem Sinn weiter Politik macht, sonst wird er am Ende selbst "gegangen". Denn um die legendäre Häupl'sche Macht ist es längst nicht mehr so gut bestellt wie einst: Dass sich geschasste und abgewählte Funktionäre und Bezirkspolitiker offen am Bürgermeister reiben, wäre früher denkunmöglich gewesen.

Der Umbau der Wiener SPÖ wird ein schwieriger Akt. Auf Häupl wartet eine Titanenaufgabe in einem Alter, da andere längst ihre Pension genießen.

(Petra Stuiber, 13.1.2017)