Spezialisten, die Daten analysieren und auswerten können, sind auch im Tourismus gefragt.

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Ob die Sharing Economy neue Jobs bringen kann? Experte Thomas Reutterer ist skeptisch.

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In puncto "Digital Detox" könne Österreich mit seinen Bergen und Bauernhöfen punkten, sagt Reutterer.

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Die Konkurrenz durch die sogenannte Sharing Economy steigt; Urlaubsrecherche, -buchung und -bewertung verlagern sich zunehmend ins Internet: Die Digitalisierung stellt auch die Tourismusbranche vor einige Herausforderungen.

Taxis können mit der Applikation Uber günstig und unkompliziert über das Smartphone bestellt, Wohnungen über die Online-Plattform Airbnb längst online angemietet werden. Letzteres hat negative Folgen für lokale Hotels, wie eine Studie der University of Boston für den US-Bundesstaat Texas nachwies. "Gerade für jüngere Reisende, die urban wohnen wollen, ist Airbnb eine interessante Alternative", sagt Thomas Reutterer, der an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, das Institut für Service-Marketing und Tourismus leitet. Wie die US-Studie zeigt, kostete der Markteintritt von Airbnb die Hotels etwa acht bis zehn Prozent der Nachfrage. "Mit gewissen regionalen Unterschieden wird es sich in diesem Bereich auch in Österreich bewegen", schätzt Reutterer.

Vorteil Flexibilität

Die "gehobeneren" Hotels seien von der Konkurrenz durch Airbnb weniger betroffen als das niedrigere Preissegment, sagt der Experte. Auch Geschäftsreisende würden sich seltener in den privaten Wohnungen niederlassen. "Es sind oft alternative Reisende oder City-Touristen, denen es gefällt, wie Einheimische zu wohnen." Insofern würde nicht unbedingt Hotels die Kundschaft entzogen – sondern auch gänzlich neue Zielgruppen angesprochen, mutmaßt Reutterer.

Gegenüber der klassischen Hotellerie habe die Online-Plattform einen entscheidenden Vorteil: Flexibilität. Während Hotels eine fixe Kapazität haben, könne Airbnb in Zeiten, in denen die Nachfrage besonders groß ist – "in Wien war das beispielsweise während des Song Contest so" -, rasch neue Übernachtungsmöglichkeiten finden und offerieren. Die Bostoner Forscher werfen daher die Frage auf, ob die Sharing Economy nicht auch neue Jobs schaffen könnte. Reutterer ist skeptisch: "Das sehe ich nicht unmittelbar."

Neue Jobs?

Neue Jobs entstünden eher dort, wo sich Unternehmen Kundeninformationen zunutze machen können. "Aus digitalen Kommunikation zwischen Hotel und Gästen lässt sich eine Vielzahl an Daten sammeln. Sie muss analysiert werden", sagt Reutterer. "Was wir brauchen, sind Leute, die sich mit den Analyse-Tools auskennen, Informationen richtig interpretieren und damit weiterarbeiten können", sagt Reutterer und meint damit Spezialisten für die Schnittstelle Data-Science und Marketing. "Da werden in der Zukunft viele neue Jobmöglichkeiten entstehen." Da Hotels ihr Angebot immer stärker im Netz anpreisen müssen, seien zudem Social-Media-Experten gefragt.

Digitale Inhalte müssten in Curricula an Hochschulen, aber auch an Tourismusfachschulen verankert werden, sagt Reutterer. "Auch Beschäftigten im Servicebereich schadet es nicht, wenn man ihnen zeigt, wohin die digitale Transformation geht."

Automatisierung

Und wo könnten Jobs wegfallen? Einsatzmöglichkeiten für Technologien sieht Reutterer etwa im Customer-Service. Chatbots, wie sie derzeit etwa die Fluglinie Austrian Airlines erprobt, einfache Kundenfragen beantworten. "Dort wo es komplizierter wird, muss aber nach wie vor der Mitarbeiter zur Stelle sein." Auch im Servicebereich mit direktem Kundenkontakt könnten Maschinen Menschen nicht einfach ersetzen, ist Reutterer überzeugt. Serviceroboter, wie sie in japanischen Hotels anzutreffen sind, werde es in Österreich nicht so bald geben.

Dennoch bedienen sich auch hierzulande einige Anbieter bereits extravaganter Tools. Ein Beispiel aus dem Wintertourismus ist der "Photo-Point" von Skiline.cc. Dort können Urlauber Fotos vor dem Bergpanorama schießen lassen. Mittels virtueller Rundgänge können User bei Sonnenaufgang im Bregenzerwald wandern oder in den Sölktälern die Natur auf sich wirken lassen.

Im Bereich Augmented Reality werde ebenfalls experimentiert, sagt Reutterer. Studierende seines Instituts führten eine Studie zu einer aktuellen Anwendung in der Karlskirche durch. "Die Probanden konnten mit einer Brille eine virtuelle Tour um die Kirche unternehmen und dabei Informationen über Kunst und Architektur abrufen."

Abschalten in Österreich

Schließlich könnte auch der Gegentrend zur Digitalisierung – das Abschalten – im Gesundheitstourismus neue Nischen hervorbringen, auch in Österreich. "Der Bedarf nach Digital Detox ist da", sagt Reutterer. Angebote wie Achtsamkeitstrainings oder Meditation sieht der Experte eher im asiatischen Raum beheimatet – Österreich könne aber mit Bauernhöfen und Bergen punkten. (Lisa Breit, 16.1.2017)