Wien – Zwei Männer, zwei unterschiedliche Lebenswege: Der Eine war von Kindesbeinen an berühmt in halb Europa, "er war ein Superstar, er war populär, er war so exaltiert, because er hatte Flair", so der berühmte Mozart-Biograf Johann Hölzel. Den Anderen ereilte erst im hohen Alter ein überschaubares Maß an Popularität, er scheute die Menschen und widmete sein Werk dem lieben Gott. Und seine vielleicht schwärzeste Stunde erlebte Anton Bruckner anno 1877 im Wiener Musikverein, bei der Uraufführung seiner dritten Symphonie.

Ebendieses Werk interpretierte Daniel Barenboim an selber Stelle beim Gastspiel der Staatskapelle Berlin, sowie Mozarts D-Dur Klavierkonzert KV 537. Das mit großer Sanftheit modellierte erste Thema der Orchestereinleitung deutete es schon an: Es folgte ein Krönungskonzert, das Barenboim wie mit Samthandschuhen interpretierte, mit der zarten Verspieltheit eines jungen Mädchens. Der langsame Satz erinnerte mit seiner filigranen Intimität an einen verträumten Nachmittag in einem Puppenhaus; Zartheit, Wucht und höfischen Esprit bot der Finalsatz. Ein Mozart zwischen Salon und Delikatessengeschäft. Dezenter Beifall folgte als Resonanz auf Barenboims leises Spiel.

Ließ Orchester erzählen

Satter, süffiger ging es dann beim Bruckner zur Sache. Barenboim bot den großen romantischen Ton, ohne je zu klotzen. Der 74-jährige Routinier ging die Großunternehmung gelassen an, stützte sich mit dem linken Arm am Geländer des Dirigentenpodests ab und ließ sein Orchester erzählen. Geht schon, man kennt sich ja und ist sich seit fast einem Vierteljahrhundert eng verbunden.

Die Staatskapelle Berlin präsentierte sich als ein erstklassiger Klangkörper ohne Schwachstellen und musizierte im Großen und Ganzen entspannter, runder, normalmenschlicher als ihre hyperagilen, superfitten Kollegen aus der deutschen Hauptstadt, die Berliner Philharmoniker. Und auch beim Bruckner ließ sich die Lautstärke des Beifalls in Relation zum vorher Gehörten setzen: Da war ordentlich was los am Ende. (end, 12.1.2017)