Jugendlich und frisch wirken Fintechs verglichen mit herkömmlichen Finanzinstituten. Banken wollen sich davon nicht bloß ein Scheibchen abschneiden, sondern oft die ganze Firma kaufen.

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Wien – Es ist durchaus eine kleine Revolution, die im Finanzbereich in den vergangenen Jahren in Gang gekommen ist. Zumindest mit angestoßen wurde diese Entwicklung von aufstrebenden, innovativen Finanzdienstleistern. Diese als Fintechs bezeichneten Firmen setzen auf neue Technologien wie mobiles Internet, ergänzen Altbekanntes um Zusatzangebote und sprechen bzw. zapfen damit vor allem jüngere Zielgruppen an.

Bereicherung statt Bedrohung

Diesen Protagonisten ist es zu verdanken, dass sich Start-ups zwecks Finanzierung gleich an die als Crowd bezeichnete Bevölkerung wenden können. Aber auch, dass so manche Onlinebankingplattform den früheren Erbsenzählercharme hinter sich gelassen hat, der mehr den IT-Erfordernissen der jeweiligen Bank gerecht wurde als den Ansprüchen der Kunden. Denn klassische Branchenvertreter wie Banken oder Versicherer sehen Fintechs mittlerweile nicht mehr als Bedrohung an, sondern als Möglichkeit, das eigene Geschäft weiterzuentwickeln, wie eine Studie der weltweit tätigen Anwaltskanzlei White & Case belegt.

Demzufolge soll die Finanzbrache nach einer gewissen Flaute im Vorjahr in den nächsten zwei Jahren auf zahlreiche Übernahmen und Zukäufe von Fintechs zusteuern. Rund ein Drittel der befragten Entscheidungsträger aus der herkömmlichen Finanzwelt plant gemäß der Studie die Übernahme zumindest eines Fintech-Unternehmens. Ungefähr jeder zweite Befragte versucht, über Kooperationen Zugriff auf deren Technologie und Know-how zu erlangen.

Unterschiedliche Unternehmenskulturen

Laut der Studie sollen bei den Transaktionen vor allem Vertreter aus den Bereichen Kredite sowie Crowdfinanzierung im Fokus stehen. Ebenfalls gefragt: Fintechs für virtuelle Währungen wie Bitcoin und Zahlungsverkehr.

Es gibt aber laut der Studie auch Problemfelder: etwa große Unterschiede in den Unternehmenskulturen von Fintechs und klassischen Banken, die die Integration und Zusammenarbeit erschweren. Und die Bewertung der Fintechs, die mehr als acht von zehn Befragten für überzogen halten. Dennoch gehen rund 90 Prozent davon aus, dass die Preise zunächst weitersteigen werden.

So viel Zuversicht führt auch zu Fehleinschätzungen. Derzeit befinden sich unter den Fintechs weltweit rund 20 sogenannte Unicorns (Einhörner), also junge Unternehmen mit einer Bewertung von zumindest einer Milliarde Dollar. Eines davon war die britische Powa Technologies, die jedoch im Vorjahr Insolvenz anmelden musste. Solche Entwicklungen haben 2016 zu einer merklichen Zurückhaltung bei Fintech-Investitionen im Vergleich zum Jahr zuvor geführt, geht aus einer Erhebung des Beratungsunternehmen KPMG hervor.

Kein Abreißen des Booms

Demnach sind die Risikokapitalinvestitionen in Fintechs in den ersten drei Quartalen weltweit um fast 16 Prozent auf 10,2 Milliarden US-Dollar gefallen, wobei besonders im dritten Quartal ein deutlicher Einbruch festzustellen war. Stark betroffen von den Rückgängen waren die USA und Großbritannien. Auffallend dabei: Deutschland war im Vorjahr drauf und dran, Großbritannien den Rang als Europas Fintech-Hotspot abzulaufen. An ein dauerhaftes Abreißen des Fintech-Booms glaubt aber auch KPMG-Experte Brian Hughes nicht: "Es gibt ebenso viel Liquidität im Markt wie anhaltende Nachfrage durch große Finanzinstitutionen nach Innovationen von Fintechs."

Vergleichsweise beschaulich laufen die Dinge in Österreich. Dennoch betrachtet die Finanzmarktaufsicht die ersten drei Monate ihrer "Kontaktstelle Fintech", die von rund 25 Unternehmen in Anspruch genommen worden sei, als Erfolg. Dabei informiert die Behörde etwa über Konzessionspflichten, Geldwäscheprävention oder auch die Videoidentifizierung, die Anfang 2017 auch in Österreich zugelassen wurde. Vorstand Klaus Kumpfmüller zieht zufrieden Bilanz: "Das Serviceangebot der Kontaktstelle Fintech hat den Nerv der Zeit getroffen, das zeigt die rege Nachfrage." (Alexander Hahn, 14.1.2017)