"Big Air war ein Sprung ins kalte Wasser", sagt Anna Gasser. Die Kärntnerin dominierte in ihren ersten drei Bewerben. 2018 ist die Disziplin olympisch.

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Anna Gasser (25) war früher Kunstturnerin.

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Gasser zeigt den Cab Double Cork 900.

Österreichischer Skiverband

Kreischberg/Wien – Die Luft ist Anna Gassers Element. Bei einem Cab Double Cork 900 fliegt sie rund drei Sekunden. Die Kärntnerin war vor mehr als drei Jahren die erste Snowboarderin, die den doppelten Rückwärtssalto mit halber Drehung stehen konnte. Damit erregte sie Aufmerksamkeit. Und sie weckte Hoffnungen.

Die Winterspiele standen vor der Tür. Der Slopestyle-Bewerb war erstmals olympisch. Beim Slopestyle fährt man auf einem Kurs mit Schanzen und Geländern und zeigt dabei möglichst kreative Tricks. In Sotschi gewann Gasser die Qualifikation. Der Druck auf die damals 22-Jährige stieg. "Die Nervosität war riesig." Gasser patzte im ersten Lauf. Anders als geplant wollte sie im zweiten auf Nummer sicher gehen, den Cab Double Cork 900 sein lassen. Aber auch dieser Lauf ging schief. Statt der erhofften Medaille wurde es nur Platz zehn.

Sprungstark

Die Enttäuschung hat sie längst überwunden. "Ich habe mich seither sehr weiterentwickelt. Damals war ich noch ganz neu dabei." Die ehemalige Kunstturnerin stand 2009 erstmals auf dem Brett. Ihre Stärken hatte sie anfangs eher im Springen. Mittlerweile fährt sie auch stark. Trotzdem: "In der Luft zu sein taugt mir."

Beim Big Air geht es hauptsächlich ums Springen. 2018 in Pyeongchang ist die Disziplin erstmals olympisch. Für Damen gibt es erst seit 2014 einschlägige Weltcupbewerbe. "Den Mädels hat man es anfangs nicht zugetraut", sagt Gasser. Seit diesem Winter tritt sie im Big Air an. Die ersten drei Wettkämpfe gewann sie überlegen. Ein bisschen, sagt sie, sei sie darüber schon überrascht gewesen. "Big Air war ein Sprung ins kalte Wasser."

Verletzung bremste Gasser

Aufgrund einer Knieverletzung musste sie den vierten Saisonbewerb auslassen. Im fünften, am Samstag in Moskau, wurde sie Zweite. "Ich habe noch nicht alles riskiert." Der letzte Wettkampf steigt am 10. Februar in Quebec. Dann kann Gasser den Disziplinenweltcup für sich entscheiden.

Aber Gasser hat ja noch ihre zweite Liebe: Slopestyle. "Ich mache beides gerne." Beim Big Air sei es cool, dass die Events in Städten stattfänden. "Slopestyle ist mehr richtiger Wintersport. Und man kann kreativ sein." Die einschlägige Saison wird am Freitag (Finale am Samstag) am Kreischberg eröffnet. Dort gewann Gasser vor zwei Jahren WM-Silber.

Im Weltcup war ihre beste Platzierung ein dritter Rang im Jänner 2014 in Stoneham. Ob sie nun auch im Slopestyle zur Siegfahrerin mutieren wird? "Das ist die Hoffnung." Aber genau weiß sie nicht, wo sie steht. "Ich bin schon lange nicht mehr Slopestyle gefahren." Im vergangenen Jahr warf sie eine Bandscheibenverletzung zurück.

Die Knieverletzung, die sie sich Anfang Dezember im Training zugezogen hat, wirkt noch nach. "Ich spüre die Knie bei jedem Sprung. Ich bin nicht mehr so selbstbewusst." In ein, zwei Wochen will sie wieder ihre schwierigsten Sprünge zeigen. Vielleicht schon am Kreischberg. Jedenfalls bei der WM im März in der Sierra Nevada. Im Big Air will sie sicher antreten. Der Slopestyle-Bewerb überschneidet sich mit den X-Games Europe. Sie überlegt noch, wo sie antreten wird.

X-Games-Medaille bevorzugt

Ende Jänner ist sie jedenfalls bei den X-Games in Aspen. Der Trendsport-Event ist in der Szene sehr angesehen. Wenn sie wählen müsste, würde Gasser heuer eine X-Games-Medaille gegenüber einer WM-Medaille bevorzugen.

Big Air und Slopestyle lassen sich gut vereinbaren. Die Sprünge seien dieselben. "Man trainiert beides in einem." Meistens übt Gasser in Flachauwinkl. Die Trainingsbedingungen in Österreich seien in den vergangenen Jahren viel besser geworden.

Ihre Tricks übt sie so lange, bis sie nicht mehr darüber nachdenken muss. "Im Wettkampf überlege ich nur, wie schnell ich anfahre." Ihr Spezialsprung erfordert viel Konzentration. "Man muss so schnell drehen." Ihr Lieblingssprung ist der Cab Double Cork 900 nicht. "Würde ich nur zum Spaß springen, würde ich langsamere Sprünge machen. Die fühlen sich besser an." (Birgit Riezinger, 12.1.2017)