Peter Schröcksnadel setzt sich für eine Strukturänderung bei der Betreuung der Spitzenathleten ein.

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Flachau – Im Österreichischen Skiverband (ÖSV) zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel lässt im Lichte nachlassender Alpinerfolge gerade untersuchen, wie man in Zukunft die Position an der Spitze des Skirennsports sicherstellen kann. Ein Zugang laute individuellere Betreuung, verriet der Tiroler am Rande des Damenweltcups in Flachau. "Wir wollen die Nummer eins bleiben."

Österreich sieht sich bekanntlich als Skination Nummer eins und unterstreicht das seit einem Vierteljahrhundert im Weltcup durch den ununterbrochenen Gewinn des Nationencups. Multierfolge wie der von Hermann Maier angeführte Neunfachsieg 1998 beim Herren-Super-G auf dem Innsbrucker Patscherkofel sind heute aber unmöglich. Zuletzt sorgten vor allem Einzelathleten wie Marcel Hirscher oder bis zu ihrer schweren Verletzung Anna Veith (Fenninger) im Weltcup und bei Titelkämpfen für ÖSV-Erfolgserlebnisse.

Spezielle Betreuerteams

Veith hatte vor ihrer Verletzung um (noch) mehr Individualität im ÖSV gekämpft und hat nun ähnlich wie Hirscher ein spezielles Betreuerteam um sich geschart, das auch einen eigenen (selbst bezahlten) Physiotherapeuten sowie eine Pressesprecherin umfasst. Viele Erfolgsgeschichten im Alpinrennsport seien von Läufern mit Individualbetreuung beziehungsweise Privatteams geschrieben worden, betonte Schröcksnadel, dessen Strukturen jahrzehntelang auf Teamgeist und gemeinsames Training ausgerichtet waren.

Es gibt auch nach wie vor höchst erfolgreiche Gegenentwürfe wie Norwegen, wo das Team über allem steht. Sonst aber würden eher Individualisten vorne sein. "Selbst die Italiener überzeugen vor allem durch Masse. Aber einen Seriensieger wie Hirscher haben sie nicht", machte Schröcksnadel deutlich.

Deshalb wird jetzt der Hebel angesetzt. Man müsse "aus dem Kastl denken", also im Kopf neue Wege gehen, wenn es mit dem gewohnten Mannschaftsgefüge nicht mehr funktioniere, empfahl der Boss.

Kleine Einheiten oder Privatteams sind nichts Neues. Marc Girardelli oder Günther Mader haben das schon vor Jahrzehnten getan. Eine Lara Gut oder eine Tina Maze kämpften sich mit Privatteams an die Spitze. Lindsey Vonn hat über das Team hinaus eine eigene professionelle Struktur, die von ihrem Privatsponsor organisiert wird.

"Fast alle Guten sind heute Einzelkämpfer", betonte Schröcksnadel. "Auch die Slowaken, die Slowenen, die Amerikaner. Aber auch ein Marcel Hirscher. Was er macht, unterstützen wir sinnvoll."

Eine entsprechende Spezialbehandlung müsse man sich aber verdienen, unterstrich der Tiroler. "Es geht ja nicht um den Mittelbau, sondern um jene, die gewinnen können."

"Anderswo müssen sie am Bauernhof arbeiten"

"Also müssen wir überlegen, was es braucht, um zu gewinnen. Und ein System entwickeln, dass die, die eine Chance haben, ganz vorne zu landen, unterstützt." Wie dieses Modell aussehen könnte, werde gerade untersucht. Eines sei klar: "Anderswo müssen sie am Bauernhof arbeiten, um den Trainer bezahlen zu können. Auch unsere Leute müssen lernen zu kämpfen, wenn sie ganz vorne mitfahren wollen. Da musst du wirklich ans Limit gehen, sonst gewinnst nichts."

Vom Verband her gelte es also, Spitzenläufern auch verstärkt im Training entsprechende Möglichkeiten zu schaffen, individuell zu trainieren. "Wir müssen genau überlegen, ob unser System noch zeitgemäß ist und welche Leute man besser individuell betreut."

Eventuell sogar schon im Nachwuchs, also bei den 15- oder 16-Jährigen. Hier würde Exrennfahrer Christian Greber aber bereits erfolgreich an einem neuen System arbeiten, berichtete Schröcksnadel.

Das bestehende System sei sicherlich erfolgreich und weiterhin gut, um Nachwuchs heranzubilden. "Aber um zu gewinnen, ist es überholt." Für einen künftigen Sonderstatus müsse man wie Hirscher oder Veith die richtige Einstellung mitbringen. "Wenn sich wer aufregt, warum er das nicht bekommt, kann er ja eine oder zwei Sekunden schneller fahren. Anna Veith hat das ja auch geschafft."

Dass es speziell bei den ÖSV-Damen zahlreiche Verletzungen gegeben hat, ist natürlich auch an Schröcksnadel nicht vorbeigegangen. Der Chef stellte sich trotz der aktuellen Negativspirale hinter das Team und lässt die allesamt im Training passierten Unfälle gerade von Anton Giger untersuchen. "Keine Nation kann es sich leisten, eine ganze Mannschaft auf einen Schlag zu verlieren." (APA, 11.1.2017)