Rückkehr an den Ort der Jugend: Peter Turrini erzählt in der Dokumentation von Ruth Rieser von seinem damaligen "ersten Zuhause."


Foto: RR* Filmproduktion / Karlheinz Fessl

Wien – Obwohl man für knapp eineinhalb Stunden den Schauplatz dieses Films nicht verlässt, dauert es eine Weile, bis man angekommen ist. Aber vielleicht ist das ganz gut so. Denn auch wenn die Orte bleiben, verschwinden doch überall die Welten.

Auch diesen Ort in Kärnten gibt es noch, und Peter Turrini ist er noch immer vertraut, weil es "vielleicht das Wesen des Künstlers ist, dass er mit Vergangenheiten, mit Kindheiten nie Schluss macht."

Als Turrini im Alter von 15 Jahren Ende der Fünfzigerjahre im Tonhof bei Maria Saal ankam, betrat er eine ihm völlig neue, unbekannte Welt. Der Sohn eines italienischen Tischlers und einer Kärtnerin fand hier für wenige Jahre, bis er 1962 in Klagenfurt die Schule verließ, ein zweites Zuhause – oder auch ein erstes, das ihm lieber und näher war. Der noch unbekannte Thomas Bernhard war da, und Christine Lavant bezog hier Quartier, desgleichen H. C. Artmann, Friedrich Cerha und Erna Wobik. Eine "Klassenflucht", wie Turrini es heute nennt, auf den Gutshof des Mäzenaten- und Künstlerpaars Maja und Gerhard Lampersberg, an einen Ort, "an dem das Ausgedachte Realität war."

Ruth Riesers Dokumentation Peter Turrini. Rückkehr an meinen Ausgangspunkt, anlässlich der Uraufführung von Turrinis jüngstem Stück Sieben Sekunden Ewigkeit am Donnerstag in der Josefstadt wieder im Kino zu sehen, ist ein Film für Zuhörer. Oft sitzt die Schauspielerin und Regisseurin dem Schriftsteller lauschend gegenüber, manchmal stellt sie Fragen, selten fängt die Kamera die nähere Umgebung – Baumstümpfe und Schneeglöckchen – ein.

Doch das macht nichts. Denn was und wie Turrini von diesen Jahren berichtet, die später in Bei Einbruch der Dunkelheit einfließen sollten, macht aus diesem Film einen Beleg über jene frühen Tage der österreichischen Avantgarde, in denen tatsächlich etwas Neues im Begriff war zu entstehen. Manches blieb, manches nicht. Und auch wenn man sich nicht wünscht, bei der Aufführung von Bernhards erstem Stück Köpfe im Hofstadl – mit Musikbegleitung des Zwölftonkomponisten Lampersberg – zwischen den Mähdreschern dabeigewesen zu sein: Es hat sicher großen Spaß gemacht. (Michael Pekler, 10.1.2017)