Darmstadt – Während bei uns die herbeigeredete Diskussion um einen EU-Austritt Österreichs die Wahl des Unworts des Jahres prägte ("Öxit"), spielte in Deutschland die extreme Rechte den Stichwortgeber: Hier wurde nun der Begriff "Volksverräter" zum Unwort des Jahres 2016 gewählt, teilte die Sprecherin der Jury, die Sprachwissenschafterin Nina Janich, am Dienstag mit.

Das Wort sei ein "Erbe von Diktaturen", unter anderem der Nationalsozialisten, und werde von Anhänger von Pegida, AfD und anderer rechter Gruppierungen und Initiativen als "Vorwurf gegenüber PolitikerInnen" verwendet. Der Begriff sei nach Angaben der Jury "undifferenziert und diffamierend" und würde "das ernsthafte Gespräch und damit die für Demokratie notwendigen Diskussionen in der Gesellschaft" abwürgen.

"Gutmensch" wird abgelöst

Zum Unwort des Jahres 2015 war der häufig von Rechtspopulisten verwendete Begriff "Gutmensch" gewählt worden. Für 2014 hatte das Gremium "Lügenpresse" ausgesucht. Im Jahr 2013 war "Sozialtourismus" das Unwort, davor "Opfer-Abo" (2012) und "Döner-Morde" (2011).

Die Aktion gibt es seit 1991. Sie soll das Bewusstsein und die Sensibilität für Sprache fördern. Die Jury nimmt bei ihren Entscheidungen "sachlich unangemessene oder inhumane Formulierungen im öffentlichen Sprachgebrauch" in den Blick, "um damit zu alltäglicher sprachkritischer Reflexion aufzufordern".

"Postfaktisch" als Wort des Jahres

Neben dem Unwort des Jahres gibt es auch das Wort des Jahres. Dieser Begriff wird unabhängig von der sprachkritischen Jury mit ihrer Sprecherin in Darmstadt von der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden gewählt. Für 2016 entschied sie sich für den Begriff "postfaktisch". Zur Begründung hieß es, in politischen und gesellschaftlichen Diskussionen gehe es zunehmend um Emotionen anstelle von Fakten. Bei uns spiegelte sich der Wahlmarathon zum Staatsoberhaupt in der Entscheidung zum Wort des Jahres 2016 wider: "Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung". (APA, red, 10.1.2017)