Berlin – Die Vorwürfe der deutschen Ankläger gegen einen 20-jährigen Syrer wiegen schwer: Der IS-Terrorverdächtige soll potenzielle Anschlagsziele in Berlin ausgespäht haben. Zu Prozessbeginn vor dem Kammergericht in Berlin verweigerte der Angeklagte am Mittwoch die Aussage. Einer seiner Verteidiger widersprach der Anklage und erklärte, sein Mandant sei kein IS-Mitglied gewesen.

Die deutsche Bundesanwaltschaft wirft dem 20-Jährigen insgesamt 181 mutmaßliche Taten in Syrien und Deutschland vor. So soll er Informationen über den Alexanderplatz, das Brandenburger Tor und das Areal um den Reichstag seinen Kontaktmännern bei der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) mitgeteilt haben. Dazu gehörten Angaben, wie viele Personen und Reisebusse sich zu welcher Zeit an den ausgekundschafteten Orten in Berlin befanden.

Kontaktmann

Laut Anklage soll der junge Syrer zudem als Kontaktmann für etwaige Attentäter in Deutschland bereit gestanden haben. Konkrete Anschlagspläne oder -vorbereitungen soll es nicht gegeben haben.

"Spätestens seit Mitte des Jahres 2013 identifizierte sich der Angeschuldigte mit den Zielen des IS", heißt es in der Anklage. Als 16-Jähriger soll er bei der Belagerung eines Flughafens monatelang Wachdienste für den IS geleistet haben – bewaffnet mit einem Sturmgewehr. Danach sei er an der Einkesselung der Stadt Deir Ezzor beteiligt gewesen. Dort habe er auch das Camp der IS-Kämpfer als Fahrer mit Lebensmitteln versorgt.

Balkanroute

"Als 18-Jähriger kam der Angeklagte über die Balkanroute nach Deutschland und distanzierte sich nicht vom IS", sagte Staatsanwalt Gerwin Moldenhauer. Der Syrer, der als Flüchtling in Brandenburg und zuletzt in Bayern registriert gewesen sein soll, habe über sein Smartphone "intensiven Kontakt zu Mitgliedern des IS gehalten".

Verteidiger Tarig Elobied sagte, der Angeklagte habe kurz nach seiner Festnahme im März 2016 gegenüber der Polizei falsche Angaben gemacht. Die Anklage stütze sich "zum großen Teil auf ausgedachte Ereignisse". Der 20-Jährige sei nicht Mitglied des IS gewesen, sondern in einer der Freien Syrischen Armee (FSA) nahestehenden Vereinigung. Der Prozess wird Donnerstag fortgesetzt. (APA, 4.1.2017)