Wien – Im Tourismus zeigte man sich über den Sozialminister empört. Als "abgehoben" und "realitätsfern" bezeichnete die Spartenobfrau in der Wirtschaftskammer, Petra Nocker-Schwarzenbacher, Alois Stöger (SPÖ), weil dieser – übrigens im Einvernehmen mit ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner – vor Weihnachten eine neue Mangelberufsliste vorgelegt hat, auf der sich weder Köche noch Kellner befinden.

In jenen Berufen, die auf dieser Fachkräfteverordnung stehen, dürfen die Arbeitgeber gezielt Ausländer aus Drittstaaten anwerben (für EU-Bürger ist der Arbeitsmarkt ohnehin geöffnet). Nur wenn auch die Gastroberufe auf der Liste stünden, würde es gelingen, den großen Bedarf an Arbeitskräften zu decken, argumentiert die Wirtschaftskammer.

Laut vielen Arbeitgebern ist es schwierig, gutes Personal in der Gastronomie zu finden.
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Auch der Neos-Politiker und Hotelier Sepp Schellhorn hat öffentlich wiederholt beklagt, es gelinge immer seltener, Personal zu finden. "Hier am Mönchsberg suchen wir seit sechs Monaten einen zweiten Küchenchef. Wir inserieren und finden keinen", kritisierte er im "Kurier". Für Gastein suche er einen Küchenchef, dem er für 40 Stunden die Woche 4500 Euro zahlen würde, "und dazu Überstundenzuschlag. Aber ich finde keinen."

Viele Jobsuchende

Aber handelt es sich bei diesen Fällen wirklich um Massenphänomene? Aufschluss darüber geben Zahlen des Arbeitsmarktservice (AMS), das für den STANDARD eine Sonderauswertung durchgeführt hat. Zunächst: Die Zahl der offenen Stellen in der Gastronomie ist aktuell durchaus beträchtlich.

1369 Kellner sowie 1393 Köche wurden im November via AMS gesucht. Ihnen stehen aber 5806 arbeitssuchende Kellner und 2985 Köche gegenüber. In allen Bundesländern, also auch den stark vom Wintertourismus abhängigen westlichen, gibt es mehr arbeitslose Kellner als offene Stellen, wie diese Grafik zeigt:

Lediglich bei den Köchen gibt es in Salzburg und Tirol mehr offene Stellen als Jobsuchende.

Die Dauer der Suche

Nun sagen diese Zahlen allein natürlich noch nichts darüber aus, wie schwierig es für die Betriebe ist, geeignetes Personal zu finden. Schließlich könnte es auch sein, dass die Kompetenzen der Arbeitslosen nicht den Ansprüchen der Unternehmen entsprechen.

In einem zweiten Schritt hat das AMS daher erhoben, wie lange die offenen Stellen tatsächlich unbesetzt sind. Dabei zeigt sich: Die allermeisten Jobs sind binnen weniger Wochen vergeben. Bei den Kellnern konnten zwischen Jänner und November des vergangenen Jahres 66,2 Prozent aller 23.252 gemeldeten Jobs binnen 30 Tagen besetzt werden, für weitere 30,1 Prozent fand sich spätestens nach drei Monaten jemand. Lediglich 3,7 Prozent der Stellen blieben länger als 90 Tage unbesetzt.

Ähnlich verhält es sich bei den Köchen. Dort wurden 95,3 Prozent aller beim AMS gemeldeten Stellen binnen drei Monaten besetzt, nur in 4,7 Prozent der Fälle mussten die Firmen länger als 90 Tage suchen.

Nicht schlechter als in anderen Branchen

Der Gastronomie geht es bei der Stellenbesetzung auch nicht wesentlich schlechter als anderen Branchen. Am gesamten Arbeitsmarkt konnten nämlich 68,3 Prozent der Stellen innerhalb von einem Monat besetzt werden, binnen drei Monaten werden 95,4 Prozent aller Stellen besetzt.

Kein Massenphänomen

Der Schellhorn'sche Fall, dass sich ein halbes Jahr lang kein geeigneter Kandidat findet, ist also die große Ausnahme. Im Schnitt dauert es in seinem Bundesland Salzburg elf (Kellner) beziehungsweise 17 Tage (Köche), bis eine Stelle besetzt ist. Am schwersten haben es die oberösterreichischen Arbeitgeber, die rund 50 Tage suchen müssen, wie dieser Ländervergleich zeigt:

Mangelberufe im Vergleich

Und wie sieht die Arbeitsmarktsituation in jenen elf Berufen aus, die im Jahr 2017 nun offiziell als Mangelberufe definiert sind? Bei den Drehern, Fräsern, Ingenieuren für Maschinenbau, Starkstromtechnikern und Technikern für Datenverarbeitung gibt es tatsächlich mehr offene Stellen als Jobsuchende.

Die Größenordnungen sind hier aber nicht dramatisch. Am stärksten nachgefragt sind noch die Dreher (aktuell 452 offene Stellen), gefolgt von den Ingenieuren (383 Stellen) sowie den diplomierten Krankenpflegern (329 Stellen). Alle Detailzahlen zeigt diese Grafik:

Bei den anderen Mangelberufen gibt es österreichweit geringfügig mehr Jobsuchende als offene Stellen, was aber vor allem an Wien liegt, wo die Zahl der Arbeitslosen auch in den Mangelberufen teilweise dramatisch höher ist als jene der offenen Stellen. (Günther Oswald, 2.1.2017)