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Stefan Kraft startet optimal in die Tournee.

Foto: AP/Schrader

Oberstdorf – Von einem 17-Jährigen, der das Siegen gerade erst gelernt hat, ist nicht zu erwarten, dass er das Verlieren schon vollendet beherrscht. Also verließ Domen Prevc, der bisherige Saisondominator, am Freitagabend wort- und grußlos, mit hochrotem Kopf die Erdinger Arena zu Oberstdorf. Der slowenische Favorit hat sich gleich bei erster Gelegenheit aus dem Rennen um den Sieg bei der 65. Vierschanzentournee genommen, mit für seine Verhältnisse müden Hüpfern also dem Klischee entsprochen, wonach die Tournee in Oberstdorf nicht zu gewinnen, wohl aber zu verlieren ist.

Dieses Diktum zu widerlegen schickt sich einmal mehr Stefan Kraft an. Der 23-jährige Salzburger siegte zum zweiten Mal auf der Schattenbergschanze. Vor ihm war das von den Österreichern nur Anton Innauer, Thomas Morgenstern und Gregor Schlierenzauer gelungen. Krafts erstem Oberstdorf-Erfolg im Dezember 2014 war der Tourneesieg zu Dreikönig 2015 gefolgt. Auch diesmal ist es ihm zuzutrauen. Schon nach dem ersten Satz des Heeressportlers auf 139 Meter überschlugen sich die Experten. "Das kann man nur mit Superlativen beschreiben", sagte Innauer, der seinerzeit seine beiden Siege in Oberstdorf übrigens nicht in Tournee-Erfolge ummünzen konnte, im ZDF.

Stark im Kollektiv

Seinen insgesamt fünften Einzelsieg im Weltcup fixierte Kraft vor 25.500 Zusehern im Duell mit dem wiedererstarkten Polen Kamil Stoch mit einem Satz auf 134,5 Meter. Von den 4,3 Punkten Vorsprung auf den Doppelolympiasieger aus dem ersten Versuch rettete er bei ungünstigen Verhältnissen 2,8 Zähler. "Man wünscht sich so etwas immer, es waren so viele Athleten eng beieinander, die Routiniers haben ihre Klasse ausgespielt, wir sind sehr stolz auf dieses Ergebnis", sagte Chefcoach Heinz Kuttin. Schließlich war Michael Hayböck mit Flügen auf 135 und 133 Meter auf Platz drei gekommen. Manuel Fettner als Fünfter und Andreas Kofler als Elfter zeigten, dass Österreich nicht von ungefähr derzeit den Nationencup anführt. Dass nur noch ein weiterer ÖSV-Starter in die Punkteränge kam – Markus Schiffner als 29. – war da durchaus verkraftbar.

"Megacool" und "saustark" nannte Kraft seine Vorstellung. Er müsse 2016 schon sehr brav gewesen sein. "Schön, dass das echt passiert, dass ich hier wieder gewinne zum richtigen Zeitpunkt." Freund und Kollege Hayböck, dem neun Punkte auf Stoch fehlen, könnte sich "an die Podestplätze in Oberstdorf gewöhnen". 2014 und 2015 war der Oberösterreicher jeweils Zweiter gewesen. Diesmal sah der 25-Jährige seinen ersten Saisonsieg von Engelberg bestätigt und freute sich "auf das, was kommt".

Beginnend mit Garmisch am Sonntag (ab 14 Uhr) könnte eine Aufholjagd der in Oberstdorf Geschlagenen kommen. Peter Prevc, der Tournee-Titelverteidiger, verlor im Oberallgäu als Zehnter 26,2 Zähler auf Kraft und wurde hinter Cene (8.) nur zweitbester der drei Prevc-Brüder. Domen Prevc, schon mehr als 50 Punkte zurück, kann sich nur noch mit guten Tagesergebnissen trösten. Wie auch die Skisprungveteranen Simon Ammann und Noriaki Kasai, die den zweiten Durchgang verpassten und also auch ihre 19. bzw. 26. Tournee nicht gewinnen werden. (Sigi Lützow aus Oberstdorf, 30.12.2016)

Ergebnisse vom Auftakt der 65. Vierschanzen-Tournee in Oberstdorf (GER)

1. Stefan Kraft (AUT) 308,0 (139,0/134,5)

2. Kamil Stoch (POL) 305,2 (137,0/135,0)

3. Michael Hayböck (AUT) 296,2 (135,0/133,0)

4. Daniel-Andre Tande (NOR) 295,4 (130,5/138,5)

5. Manuel Fettner (AUT) 294,9 (132,5/135,0)

6. Markus Eisenbichler (GER) 293,1 (135,0/133,5)

7. Piotr Zyla (POL) 291,9 (133,0/133,0)

8. Cene Prevc (SLO) 284,4 (132,5/132,0)

9. Jurij Tepes (SLO) 283,2 (133,5/131,0)

10. Peter Prevc (SLO) 281,8 (130,0/135,0)

11. Andreas Kofler (AUT) 279,7 (129,0/134,5)