Ab Donnerstag ist Alma Deutschers Oper zu hören.

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Wien – Sie ist natürlich komplett süß. Es sitzt Alma Deutscher an der äußersten Kante eines Stuhls im Musikverein. Wenn man sie so sieht mit all ihrer mädchenhaften Adrettheit und Unschuld, muss man sofort an Kinderzimmer mit Blümchentapeten denken, an Pferdeposter und ein Übermaß der Farbe Rosarot. Deutscher ist von kindlicher Unruhe und Vorfreude erfüllt, denn nun beginnt die Präsentation ihrer Oper "Cinderella".

AlmaDeutscher

Moment mal: Oper? Eines Mädchens? Ja, Deutscher ist elf Jahre alt und von Beruf Wunderkind. Sie spielt erst einmal ganz wunderbar Geige und Klavier. Und dann komponiert sie auch noch. Als erste Komposition (mit vier Jahren) listet ihr Lebenslauf eine kleine Oper über einen Piraten auf, mit sechs komponierte sie ihre erste Klaviersonate, mit neun ein Konzert für Violine und Orchester.

Aschenputtel im Opernhaus

Nun zeigt das Operntheater Oh!pera ab 29. 12. "Cinderella" im Casino Baumgarten. Deutscher hat das Märchen vom armen Aschenputtel charmant umgeschrieben: Cinderella arbeitet hier in einem Opernhaus, das von ihrer bösen Stiefmutter geleitet wird. Sie würde so gern komponieren, darf aber nur händisch das Notenmaterial für die Orchesterstimmen kopieren. Die bösen Stiefschwestern sind zwei Opernprimadonnen, und der Prinz ist ein begnadeter Lyriker, dessen Gedichte Cinderella rühren und zu einer Komposition anregen ...

Ihre Opernmusik präsentiert Deutscher am Flügel, und wenn die Elfjährige spielt, ist sie erfüllt, beseelt von den eigenen Klängen und den darin enthaltenen emotionalen Vorgängen. Da beschreibt ein Walzer Cinderellas Leid als Kopistin: "So viele Noten, so viele Müh'! / Wie bring ich's fertig bis morgen früh?" Da gibt es eine Stiefmutterarie im Stil der Königin der Nacht und ein Duett der Stiefschwestern vor der Ballnacht – und natürlich eine traurige Ballade von Cinderella.

Klassik, Romantik und eine Prise Sylvester Levay

Der Fluss von Deutschers Musik speist sich aus den Sammelbecken der Klassik und Romantik: ein wenig Mozart und Schubert, Chopin ohne Melancholie, Strauß, Lehár und eine Prise Sylvester Levay – wenn man böse sein möchte. Die kindliche Tonsetzerin spielt versiert mit den Stilen und Formen und hat auch die dramaturgischen Abläufe und Gesetzmäßigkeiten der Gattung Oper schon ganz gut drauf.

AlmaDeutscher

Im Alter von acht Jahren habe sie angefangen, Ideen für diese Oper zu sammeln, so Deutscher, zwei Jahre habe es dann gedauert, bis das Werk fertig war. 2015 wurde "Cinderella" in einer Fassung für Kammerorchester in Israel uraufgeführt, für die nun deutschsprachigen Vorstellungen hat sie das Werk überarbeitet und ergänzt. Cinderella? Aber klaro: Natürlich sei das sie selbst, weil – Cinderella sei hier schließlich "a girl who succeeds", ein Mädchen, das sich durchsetzt, das Erfolg hat.

Balanceakt zwischen Fördern und Überfordern

Für den weltweiten Erfolg von Deutscher sorgen Berater, zu denen auch Martin Campbell-White gehört, der Entdecker von Simon Rattle. Ein Routinier des Musikgeschäfts, der auch um die Gefahren des Umgangs mit Früh- und Hochbegabungen weiß: "Wir haben die Verantwortung, sie vor einer Ausbeutung zu schützen", so der Manager gegenüber der "Zeit". Den Balanceakt zwischen Fördern und Überfordern überwacht auch Vater Guy Deutscher. Der Linguist kümmert sich um die Erziehung und die Termine und reist mit ihr um die Welt. In einer Schule war Alma nie, bereits der Einführungstag in der Grundschule langweilte sie. Ihre Eltern unterrichten sie und ihre kleine Schwester in ihrem Haus bei London. Kompositionsunterricht bekam sie auch via Skype, unter anderem von Jörg Widmann.

Mag sie auch Popmusik? "Nein!" Hat sie auch Freunde? "Aber ja", so Deutscher, die Kolleginnen aus Ballettklassen anführt und Kinder, die sie auf Sommerkursen kennengelernt hat. Auf künstlerischem Gebiet wird sie jedenfalls von Mentoren an der Hand genommen, die zum Teil früh Erfolge feierten: von Anne-Sophie Mutter, Sir Simon Rattle oder von Zubin Mehta, der die Schirmherrschaft für die Oper übernahm. Deutscher wird in Wien im Orchester als Violinistin und Pianistin mitwirken. (Stefan Ender, 29.12.2016)