In politisch finsteren, schwierigen Zeiten werden Gesetzesänderungen im Ausländerrecht in der Regel als notwendige Verschärfungen präsentiert. Die Fluchtbewegung ins Land soll durch neue, rigide Regelungen möglichst schwach gehalten werden. Die strengen Bestimmungen, so lautet die Arbeitshypothese, sollen auf Asylsuchende abschreckend wirken, auch ohne gesetzlich festgeschriebene Obergrenze.

Doch ob sich hohe, für die meisten Betroffenen unbezahlbare Geldstrafen von bis zu 15.000 Euro für "rechtswidrigen Aufenthalt" in Österreich bis an die syrisch-türkische Grenze herumsprechen und sie von Weiterreiseversuchen abhalten werden, ist fraglich. Zumal dort, unter den den Kriegs- und anderen Höllen entkommenen Menschen, schiere Verzweiflung herrscht, die man in Europa oft nicht wahrnehmen möchte.

Ein weiterer Novellierungsgrund, wenn auch ein im Vergleich zu dem der Migrantenabwehr sekundärer, liegt in den Erfordernissen der Integration. So soll Asylwerbern durch das vorliegende Fremdenpaket endlich die Möglichkeit eröffnet werden, gemeinnützige Tätigkeiten auszuüben. Die Maßnahme könnte radikalisierungshemmender als manche zusätzliche Strafbestimmung wirken. Denn damit kommen Menschen in Beschäftigung, die andernfalls in dem für sie noch fremden Land monate-, wenn nicht jahrelang isoliert und untätig leben müssten.

Dann gibt es Änderungsnotwendigkeiten aus EU-Richtlinien und Höchstgerichtsentscheiden. Der österreichische Gesetzgeber setzt sie in der Regel konsequent um – wenn auch wie im Fall der nun vorgesehenen aufenthaltsrechtlichen Verbesserungen für Künstler und Forscher mit einer gewissen Zeitverzögerung.

Und nicht zu vergessen: Es gibt taktische Änderungen, lanciert von Interessengruppen, meist aus dem Umfeld der Polizei, aber nicht nur. Sie machen sich die bemerkenswerte Novellenhäufigkeit im Fremdenrecht zunutze, um punktuelle Änderungen zu erwirken, die die Situation in der Summe in ihrem Sinne umgestalten können.

Im vorliegenden Entwurf kommt dies als Änderungsvorschlag im Grundversorgungsgesetz daher. Geplant ist, Beschäftigte privater Betreuungseinrichtungen zur Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt in Bundesbetreuungseinrichtungen für Flüchtlinge zu ermächtigen, um dort die Einhaltung der Hausordnung zu garantieren. Durch den Innenminister, per Verordnung: ein neuerlicher Versuch, eine staatliche Aufgabe zu privatisieren, wie es 2013 für das Anhaltezentrum Vordernberg vorgeschlagen wurde.

Dort sollte die gesamte Betreuung Angehaltener von Mitarbeitern der Betreuungsfirma ORS ausgeübt werden. Nach massiven Einwänden kam es zu einer Kompromisslösung. Wie sich dies beim jetzigen Vorstoß verhält, wird sich in der Begutachtung zeigen – aber nur, wenn sich eine solch sachliche Diskussion in Zeiten wie diesen gegen fortgesetzte Verschärfungsrufe durchsetzen kann.(Irene Brickner, 27.12.2016)