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Nikola Tesla (1865-1943) in seinem amerikanischen Labor, aufgenommen im Jahr 1899.

Foto: Picturedesk / Mary Evans

Graz – Als die Lichter ausgehen, macht die 200 Quadratmeter große Hochspannungshalle auf dem Campus der Technischen Universität (TU) Graz ihrem Namen doppelte Ehre: Knisternde Erwartung erfasst die Zuschauer auf ihren käfigartig abgeschirmten Logenplätzen. Dann ein lauter Knall, und plötzlich zucken Blitze durch den 21 Meter hohen Riesenquader namens Nikola-Tesla-Labor.

Es war keine Weihnachtsshow im Technikerformat, die kürzlich an der TU Graz stattfand, sondern eine Reminiszenz an den berühmtesten Studenten dieser Universität. Heuer vor 160 Jahren wurde der geniale Erfinder Nikola Tesla in einem kleinen kroatischen Dorf geboren, das damals noch zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie gehörte. Mit 19 Jahren ging der hochbegabte Pfarrerssohn nach Graz und studierte dort von 1875 bis 1878 an der "k.k. Technischen Hochschule". Zunächst mit "vorzüglichem" Erfolg und einer an Besessenheit grenzenden Begeisterung, die sich allmählich jedoch auf das Karten-, Schach-, Billard und Dominospielen übertrug. Das wirkte sich auf die Anzahl der abgelegten Prüfungen aus, die schließlich auf null sank.

Patentierter Wechselstrom

Das wiederum kostete ihn sein Stipendium, er versuchte sein Glück in Prag, Budapest und Paris, bis er schließlich in New York landete – und zwar gleich beim Erfinder Thomas Alva Edison. Als Verfechter der Gleichstromübertragung wollte dieser von Teslas innovativen Wechselstromkonzepten aber nichts wissen, worauf sich der junge Elektroingenieur selbstständig machte. Das Ergebnis waren 41 Patente allein im Bereich der Wechselstromtechnik.

"Noch heute erfolgt die weltweite Stromerzeugung und -verteilung mit Generatoren und Transformatoren, die auf den Ideen und Entwicklungen Nikola Teslas basieren", sagt Uwe Schichler, Leiter des Instituts für Hochspannungstechnik und Systemmanagement der TU Graz.

Trotz seiner bahnbrechenden Entwicklungen und rund 300 Patenten geriet der exzentrische Erfinder, der zeit seines Lebens in eleganten Hotels wohnte und nie geheiratet hat, immer wieder in Finanznöte. Eine Folge seines aufwändigen Lebensstils und wirtschaftlichen Ungeschicks sowie schlichten Pechs: So wurde zum Beispiel 1895 sein Labor mit allen Geräten und Aufzeichnungen durch einen Brand zerstört.

Als ab 1896 fast alle Städte nur noch Wechselstromanlagen installierten, wäre er fast zu einem der reichsten Männer der Welt geworden. Doch Tesla zerriss den Lizenzvertrag mit Westinghouse, um den Mann, der immer an ihn geglaubt hatte, vor dem Ruin zu retten. Geld war ihm nicht wichtig, und nach seinen Erfolgen mit dem Wechselstromsystem trieb ihn bereits eine andere Idee um: die Vision einer Welt, in der alle Menschen unbegrenzt und gratis über ein kabelloses System mit Energie und Informationen versorgt werden. Er begann, sich mit der Hochfrequenz- und Hochspannungstechnik, der drahtlosen Energieübertragung und der Radiotechnik zu beschäftigen.

Grundlagen für Computer

Bereits zwei Jahre früher als Guglielmo Marconi, der als Erfinder der drahtlosen Telegrafie in die Geschichtsbücher einging, führte Tesla die Grundprinzipien der modernen Funkübertragung vor. Doch er war zu wenig Geschäftsmann und Pragmatiker, um seine vielen Erfindungen bis zur Marktreife zu bringen.

Dennoch legte er vor mehr als hundert Jahren die Grundlagen für die Computertechnik, den Satellitenfunk und die Raumfahrt, machte Pläne für ein geothermisches Kraftwerk, entwickelte Röntgengeräte und erforschte den Einsatz von Hochfrequenzströmen für die medizinische Elektrotherapie. Außerdem ließ er ein Auto mit Elektroantrieb, eine Hochfrequenzeisenbahn und ein senkrecht startendes Turbinenflugzeug patentieren.

Eine seiner aufsehenerregendsten Erfindungen war die "Tesla-Spule", ein Hochfrequenztransformator zum Erzeugen von Hochspannung, mit dem sich spektakuläre blitzförmige Korona-Entladungen erzeugen lassen. Zwar eignete sich das System nicht zur Verwirklichung von Teslas Lebenstraum der drahtlosen Übertragung elektrischer Energie, doch Sponsoren ließen sich davon genauso beeindrucken wie mehr als ein Jahrhundert später die Zuschauer in der Grazer Nikola-Tesla-Halle.

Damals inszenierte der "Magier der Elektrizität" solche Events für die New Yorker High Society: Da zischten die Blitze, Glasröhren begannen wie von Geisterhand zu leuchten, und der Meister selbst ließ Feuerbälle über seinen Körper rollen. Bis auf die Sache mit den Feuerbällen wurde all das auch bei der "Tesla-Geburtstags-Show" in Graz geboten. Sogar ein Auto stand bereit, in dem sich Uwe Schichler mit künstlichen Blitzen beschießen ließ, um das Prinzip des Faradayschen Käfigs zu demonstrieren.

Globale Stromautobahn

Auch wenn Teslas Vision der drahtlosen Stromübertragung über große Distanzen bis heute nicht realisiert werden konnte, den Weg zur globalen Stromautobahn hat man eingeschlagen. Bis 2035 soll Europa eine haben, der Forschungsbedarf ist allerdings noch groß. Im Nikola-Tesla-Labor mit seinen riesigen Wechsel- und Gleichspannungsanlagen sind Prüfspannungen bis in den Millionen-Volt-Bereich möglich, gleichzeitig können Signale von einem Millionstel Volt erfasst werden.

Diese Ausstattung ermöglicht unterschiedlichste Prüfungen für Auftraggeber aus der ganzen Welt. Zurzeit untersucht das Labor-Team beispielsweise verschiedene Beschichtungsmaterialien für die Leiterseiloberfläche, um die störenden Geräusche zu minimieren, die Freileitungen bei feuchtem Wetter produzieren. Für die Tests werden zehn Meter lange Leiterseile auf einer Höhe von drei Metern montiert und mit einer Regenanlage besprüht. "Eine Halle mit diesen Ausmaßen und einer solchen Ausstattung ist in Europa einzigartig", so Schichler stolz.

Neben dem Nikola-Tesla-Labor erinnert die TU Graz auch mit der Vergabe der "Nikola Tesla Medaille" und seit 2015 mit der "Nikola Tesla Lecture on Innovation" an ihren berühmten Studenten. Das Ehrendoktorat hat sie ihm bereits 1937 verliehen. Dass sich Hollywood dieses schillernden Technikpoeten und außergewöhnlichen Charakters noch nicht angenommen hat, verwundert. Aber es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis man sein an technischen Höhenflügen, Marotten und menschlichen Enttäuschungen reiches Leben als Kinofilm sehen wird. (Doris Griesser, 28.12.2016)