Wien – Die designierte Chefin der Grünen Wirtschaft, Sabine Jungwirth, will dem Aufruf von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl folgen und konstruktiv an der geplanten Reform der Wirtschaftskammer mitarbeiten. Jungwirth will unter anderem "Schluss machen mit den teuren Zehnfachstrukturen" in der WKÖ. Die Mitgliedsbeiträge könnten um stolze 75 Prozent abgesenkt werden, so die Grüne.

Bei einem Ende der Zehnfachstrukturen würden die Landeskammern zu regionalen Geschäftsstellen ohne Rechtspersönlichkeit. Und: "Statt 857 Fachgruppen samt ihren Geschäftsführern und Mitarbeitern könnte man so reformieren, dass es nur noch Fachverbände gibt. Das könnten dann vielleicht auch ein paar mehr werden; insgesamt so 100 bis 120", sagte Jungwirth.

Forderung nach Ende der Mehrfach-Mitgliedschaften

Die etwaige Erhöhung der Zahl der Fachverbände würde sich ergeben, wenn einander "wesensfremde" Berufsgruppen, die bisher zusammengefasst sind, neu eingeteilt würden. Der Service für Mitglieder sei wichtig und brauche beziehungsweise dürfe nicht unter den Reformen leiden.

Unbedingt müssten auch die Mehrfachmitgliedschaften ein Ende finden, so die grüne Steirerin. Ohne Länderkammern brauche jeder Betrieb nur mehr ein Mal Mitglied der Wirtschaftskammer sein. Fachverbände könnten dafür dezentralisiert werden, so Jungwirth. Nicht alles müsse in Wien geschehen. So könne zum Beispiel der Fachverband Seilbahnen nach Innsbruck oder Salzburg wandern.

"Mangelnde Transparenz"

Die Neo-Chefin der Grünen Wirtschaft – sie löst Volker Plass ab – hat die Hoffnung, dass die Kammerumlage 2 abgesenkt werden könnte. Sie fordert das auch. Was Jungwirth so richtig stört, ist eine "mangelnde Transparenz" in der Kammer. "Sitzungsprotokolle und das Budget müssen unbedingt online gestellt werden", sagt sie. "Die Mitglieder müssen wissen, was mit ihrem Geld geschieht."

Die Grüne Wirtschaft ist auch für eine Reform des Wirtschaftskammer-Wahlrechts – ganz ähnlich, wie dies kürzlich auch der Chef der Freiheitlichen Wirtschaft, Matthias Krenn, gefordert hatte. Hier geht es für Jungwirth nämlich auch darum, das Wirtschaftsparlament direkt zu wählen. Schließlich sei das Parlament ein politisches Gremium während die Fachgruppen/-verbände sachlich für die Branche arbeiteten. Also brauche es zwei Wahlzettel, "das ist inhaltlich logischer".

Diskussion um Gewerbescheine

An der geplanten Reform der Gewerbeordnung fehlt Jungwirth vor allem, dass es nicht dazu gekommen ist, einen Gewerbeschein für alle Gewerbe, die ausgeübt werden, umzusetzen.

Leitl hatte Ende November alle im Wirtschaftsparlament vertretenen Fraktionen aufgerufen, konstruktiv an einer Reform der Kammerorganisation mitzuarbeiten. Auch der WKÖ- und ÖVP-Wirtschaftsbund-Präsident kann sich vorstellen, dass der Faktor 10 durch den verstärkten Einsatz von Kompetenzzentren ersetzt wird. Bei der Kammerumlage 1 könne die Einbeziehung von Investitionen bei der Berechnung überdacht werden, da die WKÖ selbst eine weitergehende Investitionsoffensive von der Politik verlange. Und wer eine Senkung von Lohnnebenkosten fordere, müsse dies auch bei einer Neugestaltung der Kammerumlage 2 selbst berücksichtigen, so Leitl. Er berief für Anfang April ein Sonderwirtschaftsparlament ein, bei dem die Reform bereits beschlossen werden soll. (APA, 27.12.2016)