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Die ockerfarbene Erde der Provence wärmt die Augen. Kein Wunder also, dass sich Paul Cézanne hier im Süden Frankreichs viel wohler gefühlt hat als in der Hauptstadt Paris. Über den berühmten, aber gar nicht leicht zu findenden Chemin de Bibémus, eine zehnminütige Autofahrt vom Stadtzentrum von Aix-en-Provence entfernt, gelangt man zu jenen Steinbrüchen, in denen der Maler seine berühmten Ansichten des Mont Sainte-Victoire geschaffen hat. Der rote Boden und der Duft der locker gewachsenen Kiefernwälder betören.

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Die provenzalischen Berge als Quell der Inspiration: Paul Cézanne wusste sie zu nutzen.
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In diesem Farbrausch – Ocker wurde übrigens auch zur Farbherstellung verwendet – wiegt sich auch der Film "Cézanne et moi" ("Meine Zeit mit Cézanne") von Danièle Thompson. Er folgt entlang einer fiktionalen Erzählung der historisch verbrieften Freundschaft Cézannes mit seinem Kommilitonen, dem späteren Schriftsteller Émile Zola. Die beiden verband seit ihrer gemeinsamen Schulzeit in Aix-en-Provence die entschlossene Hingabe an die Kunst und ein leidenschaftlich wie rücksichtslos geführter Disput über künstlerische Ausdrucksformen.

Konkurrenz und Karriere

Splitternackt baden sie anfangs als Knaben im Fluss, gehen auf Hasenjagd und tränken ihre Blicke in den glühenden Hängen des Sainte-Victoire-Gebirges. Sinnliche Bilder führen nahe an die Protagonisten und die Stofflichkeit ihres Lebens heran. Ist Cézanne ein heißblütiger Mann mit Hang zum Einzelgängertum, so gelingt es Zola, Karriere zu machen und alsbald ein gutbürgerliches Leben zu führen – eine immer größer werdende Differenz, die wohl auch mitverantwortlich war für den späteren Bruch der Freunde.

Der Maler und der Dichter: Guillaume Gallienne und Guillaume Canet geben sich ein südfranzösisches Stelldichein.
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Diese Härte in der Auseinandersetzung um eine auf Konkurrenz, aber auch auf Gewogenheit und gegenseitige Bewunderung gründende Männerfreundschaft macht sich der Film zum Thema. "Es ist wie ein Paar, in dem der eine nicht sieht, wie sich der andere langsam verändert", sagt Guillaume Canet, Darsteller des Émile Zola, im Gespräch mit dem "Standard".

Der französische Schauspieler hat für seinen Part in eine gravitätische Ruhe hineingefunden, die an der Seite des Tunichtguts Cézanne (gespielt vom Comédie-Française-Schauspieler Guillaume Gallienne) noch an Gewicht gewinnt. Um sich dem historischen Bild anzunähern, hat er Schriften über den Dichter gesammelt, die von dessen Wesen etwas preisgeben. Am wichtigsten waren dabei die "Lettres à Alexandrine", der Briefverkehr zwischen Zola und seiner Frau.

Im verwunschenen Garten

Guillaume Canet führt neben seinem Schauspielerberuf auch wiederholt Regie – etwa bei der Tragikomödie "Kleine wahre Lügen" (2010) – und verfilmt nach eigenem Bekunden am liebsten eigene Drehbücher; bereits im Februar kommt die Branchenkomödie "Rock’n Roll" mit Ehefrau Marion Cotillard in die französischen Kinos. Die Idee, die Darstellung des Émile Zola gehe mit einer nationalen Pflichterfüllung einher, schlägt er lächelnd aus. "Ich bin nicht gut in Pflichterfüllung. Mich hat das Skript überzeugt."

Dass der Spielfilm gütlich im Fiktionalen weidet, er vor allem die Liebesgeschichten aufwertet, um eine vom Getrenntsein geprägte Männerfreundschaft (Cézanne übersiedelt früh von Paris zurück wieder nach Aix) überhaupt sanguinisch nacherzählen zu können, liegt auf der Hand. Das kostet selbst den Direktor des Musée Granet in Aix-en-Provence nur ein Achselzucken. "Es ist doch ein Spielfilm!", winkt er während einer Führung durch den Raum (!) mit den Cézanne-Gemälden ab.

Nicht ganz so viel Cézanne in einem Raum: Das passt zum Leben des Malers, der hierher den Rückzug probte.
Foto: Aix-en-Provence Tourisme/Hitau

Lediglich acht Bilder Cézannes zählt das Haus in seiner Sammlung; sie kamen erst 1984 (!) als ständige Leihgabe aus Pariser Museen nach Aix. Ein verblüffend mickriger Bestand, der aber wiederum zum Leben des Paul Cézanne passt. Hat der Maler doch seinen gigantischen Ruhm nicht mehr erlebt und sich enttäuscht von der Welt, sich unverstanden fühlend, in die provenzalischen Berge zurückgezogen. Dorthin, wo die Leinenrollen seiner später gepriesenen Gemälde achtlos in Ecken geworfen herumlagen.

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Selbstporträt, entstanden zwischen 1879 und 1882.
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Einer der schönsten Orte in Aix-en-Provence, die an den Maler erinnern, ist übrigens sein Atelier auf einer Anhöhe im Norden der Stadt gelegen. In einem verwunschenen Garten steht dieses alte Haus mit seiner wandhohen Fensterfront, die die schillerndsten Lichtverhältnisse und Wärme erzeugt. Zur Sicherheit steht aber auch ein Kanonenofen drin. (Margarete Affenzeller, 27.12.2016)